Ich habe vier Tage Zeit, das reicht für 400km. Derzeit baut die Bahn überall, sodass die ICE-Verbindung Berlin-München einen Riesenumweg über Würzburg macht. Das heißt, ich komme ausnahmsweise ohne umzusteigen nach Würzburg. Außerdem könnte ich die Aischtaler Karpfenschmeckerwochen mitnehmen, und im Hinterhöfle in Volkach testen, ob man noch weiß wie man ein Schäufela zubereitet - gute Voraussetzungen für eine Tour! Grobe Idee also: Eine Übernachtung in Neustadt im Aischgrund, eine am Main, eine am Fuß des Thüringer Waldes, und dann am letzten Tag über den Thüringer Wald bis zum Bahnhof in Erfurt, und dabei schon gefahrene Strecken möglichst vermeiden ;-) Meine Reiseroute ist hier dargestellt. Die gelben Punkte zeigen meine Übernachtungsorte an.
10:30 Uhr steige ich in Würzburg aus dem Zug. Bis Volkach zum Mittagessen 30 km - pefekt! Mal sehen, wie ich aus Würzburg herauskomme. Die autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraßen mit ihren Umwegen für Radfahrer stellen mich jedes mal vor Rätsel.
Diesmal habe ich mich (trotz GPS) nur ein einziges Mal in Würzburg verfahren, auf dem Krankenhausgelände. Nach einer halben Stunde bin ich aus der Stadt raus, und es ist schön! Ich sehe auch zu, möglichst keine Wege zu fahren die ich schon kenne.
An der Volkacher Mainschleife bricht gerade rechtzeitig ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Die Aussicht mit dem bunten Weinlaub ist der Hammer! Und ich habe das Gefühl, ich kann das Schäufela schon riechen ;-)
Genau so habe ich mir das vorgestellt! Das ist mindestens mein 5. Besuch in Volkach, und der 4. im Hinterhöfle.
Ich bekam vorhin im Zug nach Würzburg den Tipp: Fahr doch durch Prichsenstadt, das ist hübsch. Stimmt! Schönes kleines Weindorf.
Nach dem Mittagessen gehts in den Steigerwald. Das hier ist der Ort Castel mit einem kleinen Schloss und dem Weingut "Fürstlich Castell'schen Domäne", das immer geschlossen ist, wenn ich da bin. So auch heute -- beim nächsten Mal klappts vielleicht.
Ab sofort geht es bergauf! Endlich mal wieder ein bisschen klettern :-D
Irritierter Blick aufs Navi: Nein, ich bin schon richtig. Auch das Tal der Steinach hat ein (sehr kleines) Frankfurt.
Nach 100km erreiche ich das Allee-Hotel in Neustadt an der Aisch, marschiere direkt zur "Sonne", frage nach einem Platz für einen hungrigen Gast, und komme so zu einem leckeren Pfefferkarpfen. Die Karpfenschmeckerwochen im Aischtal sind jedes Jahr ein Highlight!
92km und 900 Höhenmeter, 426m hmax, 14 Grad, bewölkt.
Ich habs nicht eilig, aus Franken herauszukommen, und möchte darum heute ein bisschen kreuz und quer durch den Steigerwald fahren. Mittagessen in der Brauerei in Schlüsselfeld wäre toll, das ist meine Lieblingsbrauerei in der Gegend ;-)
Was die 24 Störche im Aischgrund wohl zu bereden haben?
Der Himmel ist heute dicht verhangen, und das Thermometer zeigt auch gerade so zweistellig. Genau richtig, um ein paar Höhenmeter zu sammeln. Autoverkehr gibts praktisch keinen.
Das Sternbräu in Schlüsselfeld kenne ich seit 2014 - das ist die gemütliche fränkische Braustube schlechthin: Am Stammtisch wird Zeitung gelesen, hinten dreschen ein paar Leute Skat, es gibt eine Brotzeit vom Fleischer nebenan, an der Wand hängt eine Tafel, wann Brautage sind und man sein leeres Fass füllen lassen kann, und sämtliche Gäste haben ihren eigenen Bierkrug im Regal hinter der Theke ;-)
Ab Burgebrach nehme ich die Hohe Straße an der Marienkapelle vorbei durch den Wald. Die Laubfärbung ist toll intensiv!
Überall Karpfenteiche. Die Gegend ist wirklich wunderschön abwechslungsreich! Bin gerne hier, auch im November.
Meine Übernachtung ist in Sand am Main. Bevor es dunkel ist, fahre ich noch den Schloßberg vom Nachbardorf rauf, der einen Blick vom Steigerwald auf das Main-Tal bietet. Sand selber ist außerhalb der Weinsaison unspannend - das nächste Mal wieder Haßfurt oder Zeil ;-)
91km und 1250 Höhenmeter, 438m hmax, 11 Grad, stark bewölkt.
Heute stehen die Haßberge auf dem Programm. Irgendwie muss ich dabei immer an den Herrn des Hasses von DÖF denken ;-)
Als ich die Wart sehe, einen einzeln stehenden Berg südlich von Königsberg, will ich da auch rauf. Was interessiert mich meine geplante Route? Es gibt einen tollen Rundumblick auf das Maintal und die Haßberge. Mitte rechts im Bild ist das Königsberger Schloss.
Königsberg selber ist eine wunderschöne kleine Fachwerkstadt. Mir ist aber nach Höhenmetern, darum fahre ich zügig durch.
Dieser Eisenbahnradweg war ein Tipp vom Wirt in Sand. Im Dunst sieht man schon den Höhenzug mit der Schwedenschanze, meinem ersten geplanten Ziel für heute.
Jemand hat an der Schwedenschanze auf einen alten Aussichtsturm eine Verlängerung aus Stahl und Holz draufgebastelt!
Hehe, bei dem spektakulären Wolkenmuster macht fotografieren Spaß! Die Wart, auf der ich vorhin war, ist das kleine Hügelchen im Dunst leicht links von der Bildmitte.
Der Grabfeldeblick bietet eine Aussicht ins Tal der fränkischen Saale. Das Grabfeld hat seinen Namen von einer alten Sage, nach der eine Königin hier ihren Ehering verlor, und das ganze Land umgraben ließ, um ihn wiederzufinden ;-)
Das Tal der fränkischen Saale ist auch im November schön! Das müsste Merkershausen sein, dicht an Königshofen, wo mir Luigi aus Napoli ein Filetto di Manzo zu Mittag grillt ;-)
Öhm. Bei dem Gerumpel auf den Betonplatten fällt einem ja das Gebiss aus dem Schnabel. Sollte ich etwa schon in...?
... ja, ich bin nun ganz klar in Thüringen, die Häuser lassen keinen Zweifel aufkommen!
Den Schlenker nach Hildburghausen hätte ich mir sparen können -- gehen Sie weiter, hier gibts (fast) nichts zu sehen? Immerhin komme ich so auch auf Kilometer. Ich will ja nicht zu früh in der Unterkunft sein.
Kurz vor Schleusingen reißt die Wolkendecke auf. Das sieht fast künstlich aus, aber das Bild ist echt und nicht KI-generiert.
In Schleusingen habe ich mein Nachtquartier im Haus am See gebucht. Schleusingen ist bekannt durch seine Burg am Kreisverkehr ;-)
Thüringen heißt Thüringer Klöße!
109km und 1300 Höhenmeter, 513m hmax, 9 Grad, bewölkt.
Ich hattte mir gestern Schleusingen ausgesucht, weil es am Fuß des Thüringer Waldes liegt, bevor die Anstiege beginnen. Heute habe ich darum 30km Kletterei und 50km Abfahrt vor mir, bis ich um 16:38 Uhr meinen gebuchten ICE in Erfurt erreichen sollte.
Morgendlicher Blick aus dem Fenster meines Nachtquartiers: Schön, aber kalt. 1 Grad, brrr. Wie mag das wohl in den Höhenlagen vom Thüringer Wald aussehen? Ich muss auf fast 800m rauf ;-)
Als erstes geht es an der intensiv duftenden Fuchs-Gewürzmühle vorbei zur Talsperre Schönbrunn. Luft kalt, Wasser nicht so kalt, darum leichte Nebelschwaden für ein schickes Foto!
Von der Charakteristik her ist der Thüringer Wald völlig anders als der Steigerwald oder die Haßberge. Mir gefällt die Abwechslung!
Huch, erst 10:40 Uhr und schon am Rennsteig? War der Thüringer Wald nicht mal größer?
Zu meiner großen Überraschung finde ich auch eine schöne Einkehr, die sogar Mufflonsteaks hat. Ich hatte nach vorherigen Thüringerwaldquerungen damit gerechnet, bis Ilmenau durchfahren zu müssen, bevor es etwas essbares gibt.
13 Uhr und schon kurz vor Arnstadt. Früher war der Thüringer Wald wirklich größer, oder? Meine Tagesplanung stimmt so gar nicht ;-)
Darum bin ich schon 14:45 Uhr in Erfurt. Lust auf einen Aufenthalt habe ich bei den Temperaturen nicht. Ich bekomme eine spontane Fahrradreservierung für den nächsten ICE, der in Erfurt hält, und nutze die verbleibenden Minuten für ein Foto von der Krämerbrücke.
Ich nehme meine kompletten Getränke wieder mit nach Hause. In Franken war die Einkehrdichte so hoch, dass ich genug anderes zu trinken bekam. Und heute wars so kalt, dass ich das eisige Wasser nicht trinken mochte. 3kg nur für den Trainingseffekt mitgeschleppt ;-)
85km und 800 Höhenmeter, 771m hmax, 2 Grad, sonnig.
Insgesamt war ich inklusive Fahrten zum Bahnhof und Fußwegen an den Nachtquartieren fast 400km unterwegs, und habe ca. 4250 Höhenmeter gesammelt. Da ich die Gegend ganz gut kannte, musste ich mir ein bisschen Mühe geben, noch unbekannte Strecken einzubauen. Auf der anderen Seite war da nicht viel Sucherei nach Einkehren nötig. Bei den kurzen Tagen war nicht viel mehr als 100km pro Tag drin, weil ich keine Lust hatte, mich beim Mittagessen oder an den Aussichtspunkten zu beeilen. So richtig müde und hungrig war ich danach aber nicht. Beim nächsten Mal werde ich wohl wieder etwas belebtere Übernachtungsorte als Sand oder Schleusingen wählen -- ich hätte anstelle von Sand auch genausogut in Bamberg unterkommen können, aber das kenn' ich halt ganz gut. Mein Highlight war eindeutig die Schwedenschanze auf der ich noch nicht war.