Nachdem dieses Jahr alle 3 oder 4 Tage ein unverschiebbarer Termin kam, habe ich Anfang August endlich zwei Wochen frei! Ich möchte in die Alpen und buche ein Zugticket nach München. Innsbruck, Tirol, Trento, Meran wären schöne Ziele. Allerdings ist dieses Jahr in der Alpenregion mehr Apokalypse als üblich. Wochenlange Regenfälle, und dann nach jedem stärkeren Gewitter Murenabgänge. Arlberg-Lawinengalerie verschüttet, bei Trento Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten, Brenner-Straße unter Schlamm begraben, und es ist dort 36 Grad heiß und schwül, was weitere Unwetter erwarten lässt. Das fühlt sich für mich nicht nach entspanntem Urlaubsfeeling an.
Am Abend vor der Abfahrt storniere ich meine Fahrkarte und beschließe: Ich starte lieber in Hof und gucke mir mal die Brauerstädte Pilsen und Budweis an. Auf dem Weg liegen dann auch Franzensbad, Klatowy und der Große Arber. Ich plane mir rasch eine Route, bei dem ich jeden Tag ca. 100km fahre und je eine Übernachtung in Franzensbad, Pilsen und Budweis habe. Alles andere findet sich unterwegs.
Meine Reiseroute ist hier dargestellt. Die gelben Punkte zeigen meine
Übernachtungsorte an.
Heute möchte ich in Franzensbad übernachten. Nach einem gemütlichen Frühstück verabschiede ich mich von der herumjammernden Katze (Herrchen darf nicht gehen!) und steige um 7:43 Uhr in den Zug nach Hof.
Der Zug war voll. Selbstverständlich konnte ich es nicht bis Hof abwarten und
bin schon in Zeulenroda ausgestiegen, im thüringischen Vogtland. Die 50 Kilometer extra... Möge der Spaß
beginnen :-)
Das Vogtland gefällt mir! Es sind um die 28 Grad, kein Wind, schön sonnig
und leere Straßen.
Allerdings ist die Gegend recht trocken. Darum schaue ich um die Mittagszeit auf
mein Handy, und stelle fest, dass es in Plauen 8km neben meiner Route ein Österreicher Restaurant gibt. Komme ich also
doch noch zu meiner Alpenküche! Außerdem ist Plauen sehr hübsch.
Der Backhendelsalat ist sehr ordentlich. Als Dessert gibts Schupfnudeln mit
Vanillesauce und geröstetem Mohn - Ich habe sowas mit Germknödel anstelle von Schupfnudeln mal in der Nähe
des Attersees gegessen und bin direkt in die Küche verliebt ;-)
Als nächstes lacht mich ein Fahrradwegweiser "Talsperre Pirk über
Thiergarten" an. Dass da ein netter Anstieg wartet, verrät der Wegweiser nicht. Sind die Kalorien vom Dessert halt
wieder weg -- außerdem fällt mir auf, dass ich meine Badehose daheim vergessen habe...
Auf meinem Weg liegt auch Bad Elster. Das ist eine kleine Überraschung
für mich -- das Albert-Bad ist außerordentlich prächtig. Man rechnet mit so etwas gar nicht, nachdem man
längere Zeit nur Wald gesehen hat. Hier will ich nochmal her.
Durch meinen vorverlegten Start und Umwege über Plauen und Pirk muss ich
allmählich auf die Zeit schauen, wenn ich mein Tagesziel zum Abendessen erreichen möchte. Dass ich hinter Bad
Elster auf grobgeschotterte 10%-Anstiege stoße, erhöht mein Tempo allerdings nicht ;-)
Direkt hinter dem Grenzübergang nach Tschechien ändert sich das Bild:
geteerte Wege, flach, und die ersten Höhenzüge vom Böhmerwald vor der Nase.
Tagesziel Franzensbad erreiche ich kurz nach 18 Uhr - passt perfekt! Franzensbad
gefällt mir sehr gut, mit seinem klar strukturierten Stadtbild mit den langen, architektonisch aufeinander
abgestimmten Häuserzeilen entlang der großen Kurparks.
Nach einem Biergarten für ein schönes Abendessen muss ich ein bisschen
suchen. Franzensbad ist nicht sonderlich belebt, und in den Kur-Hotels scheint durchweg Halb- und Vollpension üblich
zu sein. Ich komme dann doch noch zu einem tollen tschechischen Essen, zu dem es als Einstimmung direkt ein Pilsner Urquell
gibt.
112km und 1500 Höhenmeter, Maximalhöhe 660m, warm und sonnig
Bis Pilsen wären es 140km, ich käme erst spät an und wäre zu müde für einen Stadtbummel -- möchte ich nicht. Darum suche ich mir heute beim Frühstück Stríbro, eine Kleinstadt in 100km Entfernung, schaue nach, ob es dort Restaurants gibt, und buche dort ein Hotel.
Ich nehme mir nochmal die Zeit, ausgiebig durch Franzensbad zu fahren. Es
gefällt mir hier richtig gut. Kaiser Franz hat sich mit der Gesamtanlage große Mühe gegeben!
Zwar habe ich meine Badehose vergessen, nicht aber meine Falttasse. Wofür mag
dieses Wasser gut sein?
Franzensbad hat 12 unterschiedliche Mineralquellen zu bieten, im Gegensatz zu
Baden-Baden alle mit kaltem Wasser.
Diese hier ist mir aber zu braun. Hoher Glaubersalzanteil hin oder her, die
Brühe trinke ich nicht!
Es soll Glück bringen, dem kleinen Franzel den großen Zeh zu reiben.
Blankgerubbelt ist jedoch nicht der Zeh, sondern was anderes :-D
Kurz hinter Franzensbad kommt die Kleinstadt Cheb (Eger) mit einer großen
Burganlage und einem hübschen Marktplatz. Da ich auch heute schon wieder gebummelt habe, beschränke ich mich auf
das Auffüllen der Getränkevorräte und fahre nach einer kleinen Runde über den Markt weiter.
Die Landschaft gefällt mir außerordentlich gut. Ich komme auch den
Höhenzügen vom Böhmerwald immer näher.
So viele Einkehren wie im Riesengebirge oder Adlergebirge hat es hier nicht. Aber
ich finde dank Google trotzdem immer irgendwas um die Mittagszeit. Diese Einkehr in Schanz, 10km vor Marienbad, hat
Liwanzen als Dessert auf der Karte - toll :-D
Nachdem Franzensbad durchdacht und wohlgeordnet war, kommt mir
Mariánské Lázne (Marienbad) wie ein protziges Durcheinander rund um einen allzu modernen Springbrunnen
vor. Es ist auch recht voll hier. Nach ein paar Fotos fahre ich aus Marienbad wieder heraus.
Die tschechischen Fahrradrouten verlaufen überwiegend auf kaum befahrenen
Kleinstraßen, auf denen alle halbe Stunde mal ein Traktor oder ein Kleinwagen eingegenkommt. Das fährt sich
prima, und ist auch nicht steil. Die Landschaft drumherum ist heute auch wieder super.
Von Zeit zu Zeit gibts als Abwechslung auch mal einen Feldweg. Ich bin schon ein
paar hundert Höhenmeter über den stickigen Ebenen, es weht ein leichtes Lüftchen, und es ist generell sehr
angenehm hier.
Mein Übernachtungsquartier habe ich mir heute in der Kleinstadt Stríbro
(8000 Einwohner) gebucht. Es gibt einen hübschen Marktplatz, ein herausragendes Restaurant und ein sehr schönes
4* Hotel in einem historischen Gebäude. Wie für mich gemacht :-).
Als Vorspeise Tartar mit Trüffelmajonaise, als Dessert Palatschinken mit
Himbeermarmelade. Mein Hauptgang sind Hirschfilets mit Cherrytomaten und Mandel-Basilikum-Pesto. Die können kochen,
die Tschechen! Die Preise sind nur halb so hoch wie in Leipzig. :-)
118km und 1400 Höhenmeter, Maximalhöhe 784m, warm und sonnig
Heute Vormittag regnet es ein wenig, gerade so viel, dass es sich lohnt, die Regenklamotten anzubehalten. Kalt ist es auch nicht. Da ich heute einen Abend in Pilsen verbringen möchte, der direkte Weg bis Pilsen aber nicht allzu weit ist, mache ich einen größeren Schlenker nach Süden, der sich bei stärker werdendem Regen jederzeit abkürzen ließe.
Gegen 11 Uhr hört der Regen auch schon wieder auf. Die Gegend gefällt mir
immer noch außerordentlich.
Zu Mittag bin ich in Horšovský Týn (Bischofteinitz) vor einer
riesigen Schlossanlage, die man wohl als "Traum jedes Heimwerkers" bezeichnen könnte ;-)
Mein Mittagessen bekomme ich in einem kleinen Lokal unterhalb der Burg, das jeden
Tag zwei wechselnde Gerichte mit Vorsuppe und Dessert anbietet und voller Einheimischer ist. Mein Szegediner Gulasch ist
perfekt, schön mit Bauchfleisch, Kraut und Knoblauch!
Straßen und Landschaft gefallen mir ganz außerordentlich!
Damit ich heute auf meine 100km komme, brauche ich noch ein 20km-Umweglein, und
beschließe einen Abstecher über einen Feldweg an die Talsperre Hracholusky, welche die durch Pilsen
fließende Mže aufstaut. Damit wäre ich jetzt fast wieder in Sichtweite von meinem letzten
Übernachtungsort, aber was solls ;-)
An der Talsperre wäre ich, nur wie komme ich jetzt ohne viel Autoverkehr nach
Pilsen? Da ist ein Radwegweiser "Route 37: Plzen"...
Offenbar ist Pilsen schwierig zu erreichen. Die 37 schickt mich im Zickzack
über Trampelpfade, durch Kleingartenanlagen und als Highlight sogar durch einen größeren
Entwässerungskanal unter einem Bahndamm, in dem noch 1cm Wasser vom Regen heute früh steht :-D
In Pilsen werde ich als erstes von einer 9köpfigen Nutria-Familie am Ufer der
Mže begrüßt, dem Stadtfluß von Pilsen ;-)
Mir ist heute nach etwas besonderem. Darum habe ich eine Suite im Continental
gebucht, einem der ältesten Hotels Pilsens. Das Haus wurde um die Jahrhundertwende erbaut und ist voller Kronleuchter,
poliertem Messing und lackierter Eiche, Ölgemälden und Teppichen. Genau habe ich gesucht! An der Rezeption
schimpft ein Österreicher über den unmodernen Kasten, an dem sich 100 Jahre nichts getan habe :-D
Eigentlich bin ich ja wegen der Brauerei hier. Allerdings beschränke ich mich
auf ein Foto vom Tor. Die Urquell-Brauerei ist auf Tourismus zugeschnitten, und hinein strömen lauter Saufnasen,
teilweise in Begleitung genervter Ehefrauen. Da muss ich nicht dazwischen.
Mein frisch gezapftes Urquell bekomme ich in einem schönen Biergarten in der
Innenstadt. Allerdings habe ich nach drei Tagen ernstlich Hunger. Nach einer Käseplatte und einem Rumpsteak bestelle
ich das Tartar von der "To share with your friends"-Seite der Speisekarte und mache damit die Bedienung ein bisschen
fassungslos: "In my carreer, i have never seen anyone eat so much. You broke the record!" :-D
Kennt noch jemand Spejbl und Hurvínek? Waren im DDR-Fernsehen in meiner
Kindheit recht präsent ;-)
Direkt vor meiner Suite (der kleine Balkon) ist ein kleines Festival mit Bühne
und Kleinkunst. Die Stimmung ist super -- hier lasse ich sehr gern den Abend ausklingen. Auch wenn Pilsen nicht sonderlich
spektakulär ist, ist das ganze Ambiente hier richtig super!
119km und 1150 Höhenmeter, Maximalhöhe 531m, Vormittags 2h Regen, Nachmittags warm und sonnig
Heute ist das Wetter wieder sehr warm und sonnig, bis 29 Grad sind angekündigt. Ich habe beim Frühstück eine leider etwas teure Unterkunft in Annín (Annathal) aufgetrieben, die perfekt auf halber Distanz zwischen Pilsen und Budweis liegt. Als Zwischenziele habe ich Klatovy (Klattau) und die Burg Rabí vor mir, immerhin die größte Burgruine Tschechiens. Ich freue mich schon :-)
Auf diesen Wegen macht radeln Spaß!
Die offene, hügelige Landschaft ist auch toll :-)
Pünktlich zum Mittagessen bin ich in Klatovy. Die Kleinstadt hat viele
schöne alte Gebäude. 100m vor dem Markt muss ich einen Platten flicken. Mir ist eine Brombeerdorne oder sowas
durch den Reifen gegangen. Mit scharfem Glas kann ich ja leben, aber Dornengestrüpp sollten Reifen eigentlich
aushalten?
Mein Mittagessen ist ein leckerer Schweinebraten mit Knödeln. Allmählich
erkenne ich ein Muster im Essen ;-)
Wofür kennt man Klatovy? Richtig, die 38 Mumien unter der Kapelle des
Jesuitenklosters! Die Mumien sind sozusagen versehentlich durch Dörren entstanden, weil durch einen Zufall die
Belüftung der Krypta einen beständigen, trockenen Wind erzeugte.
Die Landschaft ist und bleibt auch nach Klatovy ein Radfahrertraum, fast kein
Verkehr und ständig schöne Ausblicke ;-)
Die zahllosen Birnbäume an den Straßenrändern sind beinahe, aber
noch nicht ganz reif. In ein, zwei Wochen könnte man sich hier so richtig den Bauch mit Birnen vollschlagen.
Gegen 16:30 Uhr kommt das Ortsschild Rabi in Sicht. Sollte Burg Rabi nicht
wesentlich größer sein..?
Die Anlage eine Straßenbiegung weiter sieht dann schon beeindruckend aus!
"Weil Sie spät kommen, lasse ich Sie umsonst ein!" höre ich sehr gerne. Ein schöner Kontrast zu "Weil Sie 2
Minuten zu spät sind, darf ich Sie nicht mehr reinlassen" auf der Heldburg in Thüringen ;-)
Die Burgruine hat alles, was das Herz begehrt! Sogar einen Bierstand, bei dem ich
das gesparte Eintrittsgeld in ein Kozel umsetze.
Meine Unterkunft in Annin am Fluß Otava erreiche ich dann in der
tiefstehenden Abendsonne, wobei mir dieses wunderschöne Foto gelingt. Annin ist ein Dorf in einem kleinen, aber ganz
schön überlaufenen (Wasser-)Wandergebiet -- kein Wunder, dass die Preise hoch sind.
Auf der Karte steht Schweineschulter mit Knödeln. Hmm, daraus hätte ein
Franke bestimmt ein Schäufela gezaubert? Zum wievielten Mal esse ich eigentlich gekochtes Fleisch mit literweise Sauce
und Knödeln? Zum 5. Mal bestimmt? ;-)
120km und 1350hm Höhenmeter, Maximalhöhe 675m, warm und sonnig
Heute steht Budweis als Tagesziel. Da das Wetter weiterhin stabil schön ist, buche ich meine Übernachtung wie immer beim Frühstück. In Richtung Budweis gibts allerdings nur viel befahrene Landstraßen -- die Radrouten machen einen Umweg, den ich gern vermeiden würde. Darum steht mir heute ein Klettertag auf Wanderwegen bevor, die praktisch direkt hinter dem Hotel beginnen.
Ziemlich flott gewinne ich auf steilen Schotterpisten an Höhe. Dabei bieten
sich immer wieder schöne Ausblicke, hier auf die Kaple sv. Anny von Kašperské Hory.
Die Wegbeschaffenheit ist so, dass es sich bergauf gerade noch fahren
lässt.
Jesus hat nur einen Lendenschurz. Mir ist bei über 30 Grad bergauf reichlich
warm in meiner Fahrradkluft ;-)
Aus dem Wandergebiet heraus! Sofort werden die Straßen wieder schön
.
Ich bin auf 700 bis 800m Höhe unterwegs. Die Ausblicke in die umliegende
Gegend sind unverstellt und weitläufig. Habe ich schon oft genug erwähnt, dass mir die Landschaft hier sehr
gefällt?
Es dauert bis kurz nach 13 Uhr, bis ich etwas zu Mittag finde, in der
1600-Einwohner-Stadt Vlachovo Brezí. Immerhin, die Stadt hat ihre eigene Brauerei (das Brezi Kozi ist sehr lecker).
Auch das Mittagessen ist super -- meine Einkehr wird von einer vietnamesischen Familie betrieben, die sogar die Knödel
selber macht.
Nach meinem Platten in Klatovy läuft mein Reifen eine Winzigkeit unrund,
gerade so, dass es bei sehr glatten Straßen spürbar stört. Ich nutze die Pause am See, um den Reifen zum
zweiten Mal zu richten. Funktioniert nicht, es wird also weiter hoppeln. Und dass ich meine Badehose vergessen habe,
fällt mir auch wieder auf ;-)
Nachdem ich aus den Bergen raus bin, wird es die letzten Kilometer bis Budweis noch
mal richtig flach und richtig heiß. Die Sonne strahlt wie mit einem Brennglas in eine Bratpfanne. Zum Glück
gibt's am Straßenrand eine Eisbude ;-)
Budweis erreicht! Die Altstadt gefällt mir sehr. Mit den vielen massiven
Arkadengängen erinnert sie mich an Padua in Oberitalien.
Budweis ist um einiges größer und schöner als Pilsen. Der
Marktplatz glänzt mit dem Goliathbrunnen vor dem prächtigen Rathaus und vielen schönen
Bürgerpalästen. Es macht Spaß, durch die Gassen zu laufen!
Ich finde ein Plätzchen im schönsten Biergarten von Budweis, auf der
Terrasse der "angeschossenen Gans" hoch über der Moldau. Bei 32 Grad ein kühles, unfiltriertes Staropramen aus
der Brauerei nebenan, herrlich! Mein Entenbraten wird mit gebratenen Schupfnudeln gereicht, nicht mit Knödeln ;-)
104km und 1500 Höhenmeter, Maximalhöhe 953m, heiß und sonnig
Ich habe noch genügend Kronen für ein ausführliches Mittagessen, und möchte heute Abend wieder in Deutschland übernachten. Ich finde beim Frühstück einen schönen Gasthof in Mauth auf dem Handy, und buche mir direkt ein Zimmer.
Als erstes muss ich aus der Ebene heraus ins Gebirge. Da wieder 32 Grad angesagt
sind, beeile ich mich mit dem Frühstück, um die Anstiege nicht in der größten Tageshitze zu
absolvieren.
Gegen 11 Uhr bin ich darum schon in Cesky Krumlov (Krumau). Der Altstadtkern des
Städtchens liegt auf einer Flußschleife über der Moldau, und ist mit seinen vielen alten Gebäuden
UNESCO-Weltkulturerbe. Und ganz fürchterlich von Touristen überlaufen.
Die Top-Sehenswürdigkeit von Krumau ist das gewaltige, überbaute Viadukt,
welches das Schloss mit dem Schlosspark verbindet. Allerdings ist mir das hier alles viel zu voll, und der Stau auf den
Straßen nach Krumau hinein ist ewig lang - nichts wie weg.
Dann lieber noch ein bisschen schöne Landschaft genießen ;-)
Zu meinem Mittagessen komme ich in Horni Plana am großen Moldau-Stausee. Das
Wiener Schnitzel (bitte nix mehr mit viel Sauce und Knödeln^^) mit Kartoffelsalat ist sehr ansehnlich, aber das
Dessert ist der Hammer. Ich bekomme leider weder auf Deutsch noch auf Englisch aus der Bedienung heraus, was ich da gerade
esse. Die Karte sagt "Klöße mit Mohn und Blaubeeren".
Ein Blick auf diese Läden, und es ist klar: die tschechisch-deutsche Grenze
ist erreicht ;-)
Allerdings in Gestalt einer vielbefahrenen Bundesstraße. 2km diesen
Trampfelpfad voller Brennesseln nehmen, oder 15km Umweg auf der Radroute? Angesichts der fortgeschrittenen Zeit entscheide
ich mich für die Brennesseln ;-)
Ordnung muss sein! Auch ein Trampelpfad braucht auf der deutschen Seite einen
ordentlich ausgeschilderten Grenzübergang!
Mein Gasthof in Mauth braut sein eigenes Bier und hat vorausschauend einen Tisch
für mich reserviert, direkt als ich gebucht habe :-D
Auch die Küche ist herausragend. Auf der Karte steht sogar der Jäger
vermerkt, von dem dieses Reh stammt.
Man empfiehlt zum Abschluss einen Blutwurz. Da er brennt, hat er wenigstens 50% --
ich soll ihn mit dem Bierdeckel löschen, wenn ich der Meinung bin, es wäre genug ;-)
111km und 1600 Höhenmeter, Maximalhöhe 947m, heiß und sonnig
Heute soll's einmal längs durch den Bayerischen Wald gehen. Mein Nachtquartier habe ich mir in Bad Kötzting gebucht. Wetter wieder super, und um die 30 Grad heiß. Als kleines Highlight möchte ich auf halbem Weg noch auf den Großen Arber, auch wenn der Weg dort hinrauf eigentlich nicht fahrbar ist.
Wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee, sämtliche Radrouten im Bayerischen
Wald mit losen Split zu belegen? Fährt sich bergauf extrem anstrengend, weil das Hinterrad ständig in dem losen
Untergrund wegrutscht. Die Gegend ist recht schön, wenn man sich die parallel verlaufenden Landstraßen in
Hörweite wegdenkt ;-)
In Zwiesel komme ich an der weltweit größten Kristallglaspyramide
vorbei. Offenbar gibts in Zwiesel öfter mal kleine Erdbeben. Auf der anderen Seite sind etliche Gläser schon
herabgestürzt ;-)
An sonsten hat Zwiesel noch eine Dampfbierbrauerei zu bieten! Dampfbier ist ein
obergäriges Bier mit Gerstenmalz und wenig Hopfen, was zu einem schäumenden, 'dampfenden' Brauvorgang führt
-- kannte ich noch nicht. Auch Käsespätzle und Kaiserschmarrn waren lecker!
Das hier ist schon der Große Regen. Also der Fluß -- das Wetter ist
immernoch prima ;-)
Nach etlichen 15%-Steigungen auf losem Split kommt mein Ziel in Sicht. Der
Große Arber ist mit 1455m der höchste Berg des Böhmerwaldes / Bayerischen Waldes und außerdem der
höchste Berg Bayerns außerhalb der Alpen. Sprich, ich muss da rauf!
Oben! Allerdings ist der Weg nicht durchgängig fahrbar. Ich schiebe ein paar
20%-Anstiege auf grobem Schotter, die weder bergauf noch bergab mit Gepäck zu befahren waren. Ich bin nicht zum ersten
Mal mit dem Rad hier oben und wusste, worauf ich mich einlasse -- wer hat eigentlich das Gipfelkreuz geklaut? Vor 15 Jahren
war da noch eins!
Man hat eine phantastische Rundumsicht über den Bayerischen Wald und den
Böhmerwald! Der Aufstieg hat sich wirklich gelohnt. Allerdings habe ich jetzt nur noch 2 Stunden für die 35km bis
ins Hotel in Kötzting, dessen ^Rezeption 18 Uhr schließt. Kleine Herausforderung ;-)
Diese Gedenktafeln sieht man in vielen Orten in der Oberpfalz. Genannt werden
Anlass, Stifter und die Personen, denen die Tafel gewidmet ist, z.B. die verstorbenen Kameraden eines Wandervereins oder
verblichene Pfingstreiter. Habe ich sonst noch nirgends gesehen.
Bad Kötzting ist sehr schön. Auch der riesengroße Biergarten vom
Lindner Bräu hinter dem Kurpark ist super. Ich komme auch gut mit den Einheimischen ins Gespräch -- sehr
gemütlich.
Hachja, Bayern! Genau so habe ich mir das vorgestellt, als ich mir meinen
Übernachtungsort ausgesucht habe!
Besagte Einheimische empfehlen mir die panierte Milzwurst als lokale
Spezialität. Sehr lecker, ein bisschen wie Leberkäs, nur herzhafter. Außerdem muss ich noch einen
Bärwurz probieren, weil ich heute an etlichen Bärwurzbrennereien vorbeigekommen bin. Zitat der Leute am Tisch: "I
hobs joa gsogt, des kumma ned drinka, des is fia Touristen!" ;-)
Nach dem Essen gehe ich immer etwas spazieren. Heute Abend läuft mir die
örtliche Katzenlady über den Weg. Katze Trixi faucht mich an, Kater Pavel macht einen riesigen Bogen um mich, die
zwei anderen Katzen im Kinderwagen haben nichts zu melden und werden grußlos vorbeigeschoben. Vielleicht hätte
ich bei meinem "Guten Abend" nicht kichern sollen ;-)
109km und 1600 Höhenmeter, Maximalhöhe 1450m, heiß und sonnig
Heute wieder schönes, heißes Wetter. Für heute Abend habe ich wieder eine Unterkunft gefunden, die mich interessiert, in Amberg.
Die Mechaniker vom Hotel gucken wie ein Huhn ins Schaltwerk -- die allmorgendliche
Inspektion mache ich lieber selber!
Eine ganze Weile folge ich dem Regen-Radweg. Die Regen ist hier schon ganz
schön breit. Allerdings sind die Ufer praktisch durchgängig mit dem süßlich stinkenden indische
Springkraut bewuchert, das hier eingeschleppt wurde.
Nachdem ich aus dem Naturpark Bayerischer Wald heraus bin, habe ich auch wieder
schönere Wege ohne den lästigen losen Split :-)
Ich sehe auch eine Menge Störche, hier auf einer Kirchturmspitze.
In den Wäldern blüht gerade das Heidekraut in großen Polstern, und
es duftet herrlich.
Zur Mittagszeit komme ich in Bodenwöhr an einer Weißbierbrauerei an
einem See vorbei -- perfekt! "Das wahrscheinlich beste Weißbier der Welt" schmeckt in diesem Ambiente und bei den
heißen Temperaturen richtig gut.
Ich liebe diese Kleinstraßen! Oberpfalz macht Spaß.
Hmm. Schilder "Aussichtsturm" stehen da. Wege zum Aussichtsturm gibts auch. Nur
dem Aussichtsturm selber fehlt noch das oberste Stockwerk, das liegt noch daneben. Und dafür bin ich den Hirschberg
bei Taxöldern raufgefahren ;-)
Gegen 17 Uhr erreiche ich Amberg an der Vils, mit einer schönen Innenstadt und
einer gewaltigen Klosteranlage.
Mein Hotel, die Fronfeste, war von 1699 bis 1964 ein Gefängnis! Nachdem der
Gefängnisbetrieb eingestellt wurde, hat man das historische Gemäuer direkt unter Denkmalschutz gestellt. Vor
einigen Jahren wurde es dann als Hotel wiedereröffnet, mit Hotelzimmern in den Zellen.
Meine Unterkunft ist allerdings die wesentlich geräumigere Dienstwohnung des
Gefängnisdirektors, komplett mit knarrenden Dielen, Ledersofa, Schreibtisch und Schreibmaschine im Vorzimmer. Nur der
moderne Fernseher und das Rollo fallen aus der Zeit :-)
Spannendes Ambiente, so habe ich noch nicht übernachtet! Es gibt sogar eine
Todeszelle (der Betreiber schreibt ehrlicherweise dazu, dass es sich dabei eher um die Dunkelzelle zur Bestrafung in
Einzelhaft gehandelt hat).
119km und 600 Höhenmeter, Maximalhöhe 548m, heiß und sonnig
Aus meiner vorab zusammengeklickten Route bin ich seit Budweis heraus. Ich überlege, wohin ich von Amberg aus noch fahren könnte. Bei der Hitze möchte ich eher nicht in den Großraum Nürnberg. Nach Pilsen und Budweis bietet sich aber Kulmbach als dritte Brauerstadt geradezu an. Entfernung 120km ist auch bei dem heißen, aber schönen Wetter realistisch schaffbar.
Nachdem der Herr Gefängnisdirektor seine Entlassungspapiere eingereicht hat,
gehts erst mal nach Sulzbach. Hier fotografiere ich die Maxhütte, ein ehemaliges Stahlwerk. Das in Völklingen im
Saarland war wesentlich größer, und wohl auch um einiges neuer. Es wurde auch schon einiges von der
Maxhütte abgerissen.
Nanu, ein Dynamo Dresden-Fan hat sich hier mitten im Wald hinter Sulzbach
ausgelebt? Das Vogelhaus sieht aber unbenutzt aus. Möglicherweise sind die oberpfälzer Meisen bei dieser
Unterkunft eher zurückhaltend ;-)
Mein Weg führt mich nun in den Veldensteiner Forst. Der macht einen beinahe
unwirklichen, parkähnlichen Eindruck: Die Moore, Felsen, Bäume und Hügel wirken, wie von einem englischen
Landschäftsgärtner kunstvoll arrangiert, sodass es hinter jeder Wegbiegung etwas anderes zu schauen gibt. Eine
ganz erstaunlich vielseitige Landschaft!
Die Seerosen stehen in voller Blüte, Frösche und Fische beleben das
Wasser, obendrüber Libellen... Ich meine, ich habe noch nie ein so abwechslungsreiches Waldgebiet gesehen. Am Rand
hängen Tafeln, die die Wanderer auffordern, die Wölfe in Ruhe zu lassen ;-)
Zufällig komme ich am Großen Lochstein vorbei, eine weitere
Überraschung. Zum Größenvergleich habe ich mal mein Fahrrad danebengestellt.
Langsam bekomme ich Hunger. Meine Einkehr in Pegnitz gewinnt mit Abstand den
Sympathiebonus: Die fast 80jährige Oma saust mit einem Bier herbei, "Ein Schnitzel kann ich dir machen, mein Junge",
schaltet den Herd an und fängt an zu klopfen, mit perfektem Ergebnis :-)
Ab Pegnitz gehts dann noch ein paar Mal rauf und runter, ...
... bis ich Bayreuth erreiche. Ich bin hier schon ein paar Mal durchgefahren und
steuere zielsicher das Maisel-Bräu am Marktplatz an. Bei 32 Grad ist mir ein Weißbier gerade recht! Zumal ich
nach Kulmbach nur noch 30km den Roten Main herunterrollern muss.
Der Rundenzähler von meinem Tacho setzt sich alle 1000km wieder auf 0. Mit
größeren Runden hat bei Sigma wohl niemand gerechnet. Gleich ist es so weit -- vielleicht brauche ich mal einen
anderen Tacho ;-)
Kulmbach erreicht! Mit Pilsen, Budweis und Kulmbach habe ich dann meine
Drei-Brauerstädte-Runde komplett ;-)
Kulmbach liegt nicht mehr in der Oberpfalz, sondern in Franken. Das heißt,
ich komme jetzt auch zu meinem Schäufela! Könnte größer sein, aber so habe ich auch noch die
Gelegenheit, den Weißen Käs zu probieren :-D
Nach dem Abendessen flitze ich noch rasch zum Sonnenuntergang auf die Plassenburg
hinauf. Bei den Temperaturen komme ich naß oben an, muss ich halt nochmal duschen... ;-)
Der Ausblick über Kulmbach ist toll. Das große Zeltdach unten rechts
gehört zur Kulmbacher Bierwoche, die gerade zu Ende gegangen ist.
119km und 1300 Höhenmeter, Maximalhöhe 596m, heiß und sonnig
60km und 900 Höhenmeter, Maximalhöhe 650m, warm und sonnig
Langsam gehen mir die Ziele und die sauberen Klamotten aus. Nach Bamberg oder nach Hof in den Zug nach Hause? Ich entscheide mich für Hof, weils da durch den Frankenwald bergauf geht. Heute morgen muss ich den zweiten Platten beheben, wieder ein Dorn von irgendeinem Gebüsch. Das irritiert mich -- Reifen sollten von Dornen nicht zu beeindrucken sein. Diese Reifen sind fast neu, mit dem selben Modell habe ich aber über die Jahre schon weit über 100.000km herunter...
Die dichte Wolkendecke verspricht angenehme Temperaturen für die erste
Kletterei, das Thermometer zeigt noch 19 Grad.
Um von Kulmbach aus auf die Münchberger Hochebene zu kommen, ist ein 200
Höhenmeter-Anstieg fällig. Dafür finde ich eine prima Abkürzung: Eine winzige Straße bei
Stadtsteinach mit teilweise über 25% Steigung :-D
Zwar ist es nicht heiß, aber ich komme trotzdem vollkommen klatschnass auf
der Hochebene an.
Der direkte Weg nach Hof führt auf Radwegen entlang der Bundesstraßen.
Zum Glück gibts einen viel schöneren ausgeschilderten Radweg ab Helmbrechts über ein Stückchen
Bahntrassenradeweg und das Selbitztal. Irgendwo bei Hohenberg grüßt dieses Kirchlein.
Bevor ich in Hof in die rappelvolle Bahn nach Hause steige, gibts noch ein letztes
fränkisches Bier und einen Wurstsalat im Biergarten vom Meinel-Bräu, direkt am Saale-Radweg gelegen. Schön
war's! Die Biergärten von Böhmen, Bayern und Franken werde ich vermissen!
Insgesamt war ich von Dienstag Mittag bis übernächsten Donnerstag Mittag 1.109km und 13.000 Höhenmeter (Fußwege und Weg zum Bahnhof jeweils mitgezählt) unterwegs. Mal zum Vergleich, von Venedig nach Garmisch durch die Dolomiten und über den Brenner ist für 600km und 8.000 Höhenmeter zu haben ;-)
Meine Route war nur zur Hälfte geplant, weil ich bei der Abfahrt nur wusste, dass ich in Pilsen und Budweis einen Abend verbringen wollte. Der Rest hat sich dann unterwegs ergeben. Mit dem Wetter hatte ich Glück. Mit Temperaturen um die 30 Grad komme ich gut zurecht, erst darüber werde ich ein wenig faul. Während ich häufig auf 600-800m Höhe der größten Hitze gut ausweichen konnte und nur 2h leichten Regen hatte, gab es in Tirol und Niederösterreich weitere von Murenabgängen überflutete Dörfer und blockierte Straßen, und bei Seefeld sind sogar zwei voll besetzte Regionalzüge in Muren steckengeblieben.
Meine Routenwahl hat sehr gut funktioniert. Wie erwartet werden aus 100km Planung eher 120km am Tag - das kann ich praktisch unbegrenzt fahren, ohne dass ich Pausentage brauchen würde. Rückblickend hat mir nur der Abschnitt durch den Nationalpark Bayerischer Wald nicht besonders gefallen, weil da die Radrouten mit losem Schotter schwer zu fahren waren, während nebenan auf den perfekt geteerten Landstraßen gerast wurde als gäbs kein Morgen. Im Gegensatz zum Bayerischen Wald wurde der Böhmerwald wohl nie so stark genutzt, entsprechend sieht man dort praktisch keine abgestorbenen Fichten oder das eingeschleppte indische Springkraut mit seinen süßlich stinkenden Blüten, das praktisch das gesamte Regen-Ufer durchgängig erobert hat. Der ganze Böhmerwald hinterlässt darum so eine Art Heile-Welt-Feeling, das mich sehr angesprochen hat. Dasselbe gilt auch für den Veldensteiner Forst. Wenn ich mich für drei besondere Highlights der Tour entscheiden müsste, wären das dank des stimmungsvollen Festivals Pilsen, dann Budweis mit seiner tollen Altstadt, und das Hotel in der Fronfeste in Amberg. Aber auch Krumau, Klatovy, Franzensbad, Kulmbach und der große Arber haben mir sehr gefallen. Nach Plauen muss ich sowieso nochmal, aber die 120km kann ich auch direkt von daheim ohne Gepäck fahren.