Nachdem die Corona-Einschränkungen soweit aufgehoben sind, das Reisen wieder Spaß macht, möchte ich endlich mal wieder ins Hochgebirge. Österreich bietet sich dafür an, gerüchteweise gibts dort sowas. Und gutes Essen. Und gutes Bier. Und guten Wein. Wegen des Wetters bin ich lange unschlüssig. Als ich mich dann entscheide, gibs mit einer Woche Vorlauf nur noch einen Fahrradstellplatz in einem Übernacht-IC, der mich nach Passau bringt. Passau gefällt mir als Start ganz gut. Ich habe maximal 12 Tage zur Verfügung und plane dafür ganz grob eine 1200km-Runde, die von Passau über den Sölkpass, am Dachstein vorbei, über die Nockalm-Straße bis an den Wörthersee führt und dann über Drau-Tal und das Schilcherland, durchs Gesäuse und die Kalkalpen zurück nach Passau. Viel Mühe gebe ich mir nicht, da ich mich ohnehin eher vor Ort entscheide, und wenig an Planungen hänge.
Bei den letzten Reisen hatte ich völlig umsonst mein Zelt
mitgeschleift, aber nie benutzt: Die Campingplätze waren mir
sämtlich zu voll, und ein ordentliches Frühstück
und eine eigene Toilette weiß ich morgens wirklich zu
schätzen ;-)
Deswegen will ich per Handy einfach jeden Nachmittag schauen, wo
ich unterkomme. Das Zelt bleibt daheim. Meine tatsächliche
Reiseroute ist hier dargestellt. Die Punkte zeigen meine
Übernachtungsorte an. Villach, Wolfgangsee und Schilcherland
habe ich ausgelassen, teilweise andere Strecken gewählt,
aber im großen und ganzen hat die Planung funktioniert.
Nach einer unangenehmen Nacht treffe ich in Passau ein. Ich weiß wirklich nicht, was sich die DB bei diesen Übernacht-Zügen denkt. Im Gegensatz zu den alten Nachtzügen gibt es nicht nur keine Liegemöglichkeit. Es gibt auch sonst kein Nachtprogramm, das heißt die Beleuchtung brennt mit voller Stärke und die überaus ausführlichen Lautsprecheransagen zu jedem Halt kommen mit voller Lautstärke, genauso das lautstarke Piepen der "Tür geht zu"-Warnungen. Schlafen ist schwierig.
In Passau suche ich mir erst mal ein gemütliches Cafe zum
Frühstück in der Altstadt. Passau liegt am
Zusammenfluss von Inn, Donau und Ilz, hat also praktisch
überall Wasser.
Nach dem Frühstück nehme ich ein Stückchen
Inn-Radweg unter die Räder. Viel Verkehr ist nicht. Der
Radweg ist zwar überwiegend geschottert, aber fährt
sich gut.
Bei Schärding biegt der Inn in die falsche Richtung --
ich will möglichst flott ins Gebirge. Deshalb nehme ich dann
Kleinstraßen und Feldwege unter die Räder. Vorher
schaue schaue ich mir kurz das beinahe holländisch anmutende
Schärding an.
Bald erscheinen die ersten "echten" Berge am Horizont. Man
kann schon den Dachstein-Gletscher in der Ferne erkennen. Bin
glücklich :-)
Meine hohen Erwartungen an die Österreicher Küche
werden voll erfüllt. Der steirische Backhendelsalat in einem
Biergarten in Ried im Innkreis ist überaus lecker. (Einen
Kaiserschmarrn als Nachtisch zwänge ich auch noch rein)
Ich komme heute noch bis fast an den Attersee, nach Abtsdorf. Mein Hotel gefällt mir sehr gut, und die Küche noch viel mehr. Meine erste Kaspressknödelsuppe seit bestimmt 10 Jahren, und ein superleckeres Hirschgulasch. Einheimische erzähen, dass im Moment nur vergleichsweise wenige Touristen in die Unesco-Welterbestatt Hallstatt kommen, d.h., es ist nicht so extrem überfüllt wie sonst. Also ändere ich direkt meinen Plan für morgen.
113km und 1200 Höhenmeter, Maximalhöhe 700m, 31 Grad und Sonnenschein
Als erstes fahre ich die restlichen paar Kilometer bis an den
Attersee. Das Wetter ist heute nicht so schön. Bei Sonne
muss der Attersee wunderschön sein - eingerahmt von Bergen
und nicht überlaufen.
Mein nächstes Ziel ist Bad Ischl. Dafür muss ich
durchs Weißenbachtal über den Weißenbacher
Sattel. Die Bundesstraße hat einen schönen Radweg und
führt an mehreren Wasserfällen vorbei.
Bad Ischl ist gut besucht. Ich esse ein leckeres Wiener
Schnitzel zu Mittag, und verzichte auf Kaiservilla zugunsten
eines Stadtbummels.
Wenn man nach Hallstatt möchte, kann man bis Steeg auf
einer Kleinstraße fahren und braucht nur ein kurzes
Stück Bundes- und Landstraße. Unterwegs kommt man an
einem eher gruseligen Denkmal vorbei. Die Aufschrift lautet
"Ihrem Allerhöchsten Jagdherrn die treu ergebene
Weidmannschaft Österreichs zum 18. Aug. 1910".
Hallstatt war tatsächlich nicht völlig von Touristen
überlaufen! Und es stellte sich auch wirklich als so
sehenswert heraus wie erhofft, an einem düsteren See und
eingezwängt zwischen steilen Bergwänden.
Um weiter Richtung Wörthersee zu kommen, muss ich nun
doch die Bundesstraße nehmen. Die ist zwar gut ausgebaut,
aber zum Glück nicht stark befahren. Der Pass Gschütt
liegt auf 969m. Unterwegs bieten sich immer wieder schöne
Ausblicke ins Tal.
Es wird langsam Nachmittag, daher suche ich mir ein Hotel.
Meine Wahl fällt auf den Goldenen Stern in Abtenau, der sich
als das schönste Haus am Platze entpuppt :-)
Kaum zu glauben: der Kaiserschmarrn, den ich als Nachtisch
noch irgendwo in meinem Magen unterbringe, ist sogar noch besser
als der in Ried im Innkreis!
100km und 1350 Höhenmeter, Maximalhöhe 950m, 18-20 Grad, bewölkt
Mittlerweile ist die Radreise-Routine wieder da: Morgens der erste am Frühstücksbuffet (super wenn das Frühstück schon um 7 steht!), damit man noch viel vom Tag hat. Danach in den nächsten Supermarkt, um zwei 1.5l-Flaschen Getränkenachschub zu besorgen. Um 11 dann gucken, wo man zum Mittagessen sein könnte. Nachmittags dann noch ein Eisbecher irgendwo, und bei der Gelegenheit Nachtquartier übers Handy buchen. Abends dann Wäsche waschen, duschen, 3-Gänge-Menü und ab ins Bett ;-)
Heute will ich an den Dachstein, den ich die letzten Tage
immer wieder gesehen habe. Es ist sehr warm und sonnig, also
genau das richtige. Ich fahre zuerst über die
Bundesstraße ins Lammertal. Heute siehts schon
tatsächlich nach einem richtigen Gebirge aus!
Bald ist mir die Bundesstraße zu öde. Zwar ist
nicht viel Verkehr, aber ich würde schon gern dichter 'ran.
Darum biege ich bei Lungötz in ein kleines Seitental ein, in
dem ich dann zufällig auf einen Wegweiser "MTB
Dachstein-Runde" stoße. Perfekt! Bei 20% Steigung auf
Schotterpiste schiebe ich allerdings gelegentlich, weil mein Rad
durch das Gepäck doch etwas schwerfällig ist.
Der Ausblick ist ein Traum! Allerdings bekomme ich langsam
Hunger. Außerdem ziehen hinter mir allmählich dicke
Wolken auf.
Ich steuere darum über den Landeggsattel die Kleinbergalm
auf 1380m Höhe an, die ich gerade erreiche, als der Regen
beginnt. Nach einem superleckeren Hüttenbrot + Dessert und
einigen Getränken ist der Regen auch schon wieder vorbei.
Ich möchte wieder auf die MTB-Strecke. Darum fahre ich
kurz nach Filzmoos herunter, und auf der gegenüberliegenden
Seite des Talkessels auf die 1490m hoch gelegene Bachlalm. Hier
habe ich zwar wieder fast 20% Steigung, aber dafür auf
Asphalt -- das packe ich.
Vom hier nicht ganz so steilen MTB-Pfad aus sieht man die
Gondel, deren Bergstation oberhalb des Dachstein-Gletschers
liegt. Eigentlich wollte ich die nehmen, aber die MTB-Strecke ist
für mich reizvoller.
Am Nachmittag beginnt das Wetter wieder "verdächtig"
auszusehen. Ich buche mir ein Hotel, nehme die nächste
Straße ins Tal und fahre über Ramsau und
Weißenbach nach Gröbming. 20 Minuten nach dem
Einchecken geht das Unwetter los, kurz darauf die Sirene.
Nach einem Dreigangmenü bestehend aus Saiblingstartar, Backhendelsalat und als Dessert einem Hirsch-Burger mit Kartoffelspalten bin ich für diesen Tag satt und zufrieden. Die können kochen, die Österreicher! Auch wenn sie komisch nachfragen, wenn man mehrere Hauptgänge bestellt.
91km und 2150 Höhenmeter, Maximalhöhe 1550m, 22-27 Grad, Morgens sonnig, Abends Gewitter
Ich hatte mir Gröbming als Tagesziel ausgesucht, weil es
am Anfang der Erzherzog-Johann-Straße über den 1788m
hohen Sölkpass liegt. In solche Passtraßen fahre ich
am liebsten Vormittags hinein, weil man dann den ganzen Tag Zeit
hat und sich nicht beeilen muss. Zumindest sieht das Wetter erst
mal wieder ganz gut aus, nur etwas kühl.
Am Schloss Grossölk und am gleichnamigen Stausee hat man
die Gelegenheit, mal kurz von der (sehr wenig befahrenen)
Landstraße herunterzukommen.
Das Mesnerhaus in St. Nikolai im Sölktal wurde 1639
erbaut und diente als Armenhaus, Schule oder Herberge.
Kurz dahinter beginnt der eigentliche Aufstieg zum
Sölkpass. Im letzten Drittel des Anstiegs wurde es dann arg
kalt und naß.
Oben! Rasch in warme, winddichte Klamotten, ein Zielfoto
machen und wieder runter! Auf der anderen Passseite ist das
Wetter super, warm und freundlich.
Nach ein paar hundert Höhenmetern Abstieg komme ich an
der Kreuzerhütte vorbei und habe Hunger. Ich freue mich
immer sehr, wenn ich Gerichte probieren kann, bei denen man eher
Tradition als den Geschmack von Touristen im Blick hat -- hier
gab es als Vorspeise zu meinem Hirschgulasch eine
Lungenstrudelsuppe.
Schnell ist man über die gute Landstraße wieder im
Tal. Ich möchte nach Tamsweg hinüber, und nehme nochmal
300 Extra-Höhenmeter für die
Schwarzenbichl-Passtraße mit dem Klausentor.
In die Nockalmstraße fahre ich heute nicht mehr ein.
Darum bleibe ich hinter Tamsweg am Mur-Radweg und nehme mir ein
Hotel in St. Michael.
95km und 1850 Höhenmeter, Maximalhöhe 1790m, 10-27 Grad je nach Höhe, Vormittag naßkalt, Nachmittag sehr warm und sonnig.
Der Tag startet sonnig und freundlich. Heute möchte ich
über die Nockalmstraße fahren. Die hat ungefähr
1000 Höhenmeter. Um zu der Straße zu kommen, muss ich
aber erst mal über den 1775m hohen Schönfeldsattel, das
heißt es wird heute lustig :-)
Auf dem Weg zum Schönfeldsattel kommt man an einem
Hochofen aus dem 18. Jahrhundert vorbei. In den nächsten
Tagen sehe ich so etwas noch öfter -- spannend! Ich kannte
bisher nur die historischen Hochöfen der Völklinger
Hütte aus dem Saarland von 1900. Die wesentlich älteren
Hochöfen hier sind achteckig und aus Bruchsteinen gemauert,
folgen aber dem gleichen Prinzip: Oben Koks und Eisenerz rein,
unten Luft.
Die Straße zum Schönfeldsattel ist fast
überhaupt nicht befahren, sondern scheint vor allem den
Kühen zu gehören. Die auch keinen Millimeter zur Seite
weichen, egal wer kommt ;-)
Unmittelbar nach dem Sattel kommt Innerkrems. Es ist halb
zwölf durch, also suche ich mir ein Mittagessen, bevor ich
in die Nockalmstraße einbiege. Mein großer Fehler
ist, dass ich nach den sehr leckeren Kärntner
Käsespätzle noch einen ebenfalls sehr leckeren
Kaiserschmarrn esse. Ich platze fast, und habe 1000
Höhenmeter vor mir...
Die 34km lange Nockalmstraße mit ihren 52 Kehren hat
ihren Namen von den Nockbergen, den runden, grünen,
baumlosen Gipfeln des westlichen Teils der Gurktaler Alpen. Der
Ausblick ist wirklich atemberaubend! Ich habe so eine Landschaft
noch nie gesehen -- die anderen Alpenpässe in vergleichbarer
Höhe sind alle schroff und zerklüftet, hier ist alles
abgerundet und grün. Die Gegend ist immernoch fest in der
Hand bzw. im Huf der Kühe.
Auf der Eisentalhöhe auf 2042m gibts erst mal ein
Gipfelbier in der Hütte.
Von der Eisentalhöhe aus kann man sehen, wie die
Straße zur Schiestlscharte auf 2024m Höhe weiter geht.
Der Haken dabei: Es liegt ein 500m tiefes Tal dazwischen. Hier
besteht kein Zweifel, wo und wie man den Rest des Nachmittags
verbringen wird ;-)
Langsam wird mir auch der Verkehr ein bisschen zu dicht. Heute
ist leider Samstag, d.h., die Motorradfahrer und
"Sport"wagenfahrer sind unterwegs. Zeit zum Blümchen
angucken ist aber immer!
Bergab gehts dann ziemlich flott. Ich fahre noch ein
Stückchen Gurktalradweg. Auf dem Weg nach Feldkirchen,
meinem heutigen Quartier, komme ich an vielen hübschen
Dörfchen vorbei. Im Hintergrund sieht man schon den
zerklüfteten Alpenkamm hinter dem Wörthersee, der
Österreich von Slovenien trennt.
Die leere Flasche, die ich auf 2000m Höhe zugeschraubt
habe, ist hier unten vor der Hotelgarage durch den Luftdruck ganz
schön eingedrückt. Das Hotel hat wieder eine tolle
Küche. Besonders gefallen haben mir das Hirsch-Carpaccio und
die Marillen-Palatschinken.
101km und 2050 Höhenmeter, Maximalhöhe 2050m, 15-29 Grad je nach Höhe, sonnig und leicht windig
Heute fahre ich als erstes an den Wörthersee. Das warme,
feuchte Klima, die Palmen, die mondänen Villen am Seeufer
erinnern direkt an Italien.
In Klagenfurth zu früh für Mittagessen? Es gibt auch
genug andere kulinarische Versuchungen ;-)
Klagenfurth gefällt mir -- auch hier denkt man
unwillkürlich an eine Mischung aus k.u.k. Monarchie und
Italien.
Hinter Klagenfurth fahre ich erst mal über Feldwege und
Kleinstraßen an die Drau, ein Stückchen am
Drau-Stausee entlang und esse zu Mittag in Völkermarkt.
Um ins Lavanttal herüberzukommen, muss ich über das
Grutschner Kreuz auf 655m Höhe.
Am Himmel braut sich mal wieder etwas zusammen. Ich buche ein
Hotel in Wolfsberg, solange mein Handy dabei nicht naß
wird. Die 30km bis zum Hotel fahre ich dann mal schneller, mal
lansamer um den Regengebieten auszuweichen. Es klappt: Ich werde
nicht naß, naß sind nur die Straßen in
Wolfsberg!
Zu meiner großen Freude braut mein Gasthof sein eigenes
Bier, und hat auch lokale Gerichte auf der Karte: Kärnten
Nudeln und Mostsuppe! Mostsuppe ist eine fruchtige Suppe auf der
Basis von einer kräftigen Rindersuppe mit Creme Fraiche,
Kräutern und Most.
114km und 860 Höhenmeter, Maximalhöhe 640m, 27-30 Grad, Morgens sonnig, Abends Gewitter
Heute möchte ich über den Hirschegger Sattel
hinüber. Dazu muss ich von Wolfsberg aus erst einmal über
den Packer Sattel. Meine Herausforderung besteht darin, dass ich
den Anstieg auf den Sattel nicht über die stark befahrene
Bundesstraße angehen möchte, weil die irgendwann
keinen Radweg mehr hat. Zunächst aber folge ich dem
Lavanttal-Radweg an der Straße. Unterwegs stelle ich fest,
dass es doch deutliche Unterschiede in der künstlerischen
Qualität der zahlreichen Heiligenschreine gibt.
Um von der Bundesstraße wegzukommen, nehme ich die
kleine Straße nach Theißenegg. Leider hat diese fast
durchgängig eine Steigung >16% auf 600 Höhenmeter!
Mit so einem Kraftakt hatte ich nicht gerechnet. Oben bekomme ich
Beifall vom Postboten, der mich mit seinem Auto unterwegs
überholt hat. Das ist das erste Mal, dass ich auf dieser
Tour meinen allerkleinsten Gang gebraucht habe.
Selbstverständlich liegt zwischen Theißenegg und
dem Packer Sattel auch noch ein kleiner Taleinschnitt. Irgendwann
hört auch der Asphalt auf den Straßen zwischen den
Dörfchen auf. Bis auf den Postboten und ein paar Waldarbeiter sehe ich niemanden.
Der Sattel auf 1200m ist unspektakulär. Aber ich habe
langsam Hunger, und hier gibts keine offenen Einkehren. Also
fahre ich erst mal an den Packer Stausee hinunter, in der
begründeten Hoffnung auf ein Seerestaurant. Man serviert mir
dort ein Schnitzel mit einem halbierten Dosenpfirsich und
Preiselbeeren als Dekoration -- ich hätte nicht gedacht, das
ein Österreicher auf solche Ideen kommt ;-)
Der Hirschegger Sattel ist nicht asphaltiert, eher
unspektakulär, fährt sich aber ganz gemütlich.
Leider gibts auch hier keine schöne Einkehrmöglichkeit
auf der Passhöhe. Montag ist Ruhetag.
Die gibts dann ein paar hundert Höhenmeter weiter unten!
Das ist mein mächtigstes Jausenbrettl bisher, mit zentimeterstarken Scheiben Käse, Speck und Schinken. Ich bin
danach so gründlich satt, das ich tatsächlich kein
ausführliches Abendessen mehr brauche.
Ich fahre dann noch 30 oder 40km bis Knittelfeld im Murtal, um
auf meine Tageskilometer zu kommen, und suche mir ein Hotel in
der Innenstadt. Das Hotel ist gleichzeitig eine Konditorei -- ein
Stück Kuchen und ein riesiger Eisbecher, und ich falle
zufrieden ins Bett.
96km und 2000 Höhenmeter, Maximalhöhe 1530m, 22-32 Grad, im Murtal heiß und schwül, etwas windig
Heute möchte ich über den Präbichl-Pass ins
Gesäuse. Der Präbichl macht mir ein wenig Sorge, weil
die Rennradfahrer auf Quäldich etwas von einer
vielbefahrenen, gut ausgebauten Bundesstraße schreiben, die
sich ganz fürchterlich fährt. Aber ich muss mit meinem
Reiserad ja nicht Straße fahren. Zuerst geht es mal den
Murtal-Radweg entlang.
An der stark befahrenen Landstraße zwischen Traboch und
Edling hört mittendrin der Radweg auf, und die Waldwege
ringsum sind für Radfahrer gesperrt. Ich frage einen
kommunalen Angestellten, der da gerade Blumen gießt, ob er
eine gute Idee hat: "Ignoriere einfach die Verbotsschilder und
fahre langsam und vorsichtig, dann sagt keiner was. Du bist nicht
der erste" ;-)
Tatsächlich finde ich entlang der Bundesstraße auf
den Präbichl bis auf ein paar Ortsdurchfahren fast
überall eine Möglichkeit, über einen Radweg oder
eine alte Dorfstraße oder einen Rest der alten Straße
ohne Verkehr weiterzukommen. Der Bahnhof in Vordernberg kurz vor
dem Präbichl wurde offenbar erst vor kürzerer Zeit
aufgegeben: Die Bahnanlagen sind sogar elektrifiziert. Im Bahnhof
steht neben diversem Wagenmaterial auch ein schicker Schneepflug.
Nach einem Mittagessen in Vordernberg erreiche ich den
Präbichl auf 1225m Höhe. Der Pass selbst ist eher
unauffällig. Spektakulär ist dagegen der Erzberg
unmittelbar dahinter. Das ist ein Eisenzerz-Tagebau, der
praktisch den Erzberg abträgt. Auch hier stehen in der
Gegend einige von den alten, gemauerten Hochöfen.
Praktisch direkt am unteren Ende der Bundesstraße vom
Präbichl herunter beginnt in Hieflau die
Gesäusestraße. Diese verdient ebenfalls die
Bezeichnung "spektakulär"!
Die Straße verläuft unter Bäumen neben der
wild dahinströmenden Enns, und gibt immer wieder Blicke auf
den Fluß und die Berge frei. Aufgrund von
Straßenbauarbeiten in der Mitte hatte ich noch dazu die
Bundesstraße fast für mich allein.
Ich fahre noch rasch über den Buchauer Sattel auf 861m
Höhe, und suche mir dann eine Unterkunft in Schloss Kassegg.
Das Schloss ist sehr ansehnlich, leider sind die Zimmer
einfallslos und pflegeleicht ausgestattet.
118km und 1630 Höhenmeter, Maximalhöhe 1220m, 35 Grad, schwül und windig
Heute möchte ich über den Hengstpass durch die
Kalkalpen. Dafür fahre ich zunächst an die Enns
herunter und dann bis Altenmarkt, wo die Hengstpassstraße
beginnt.
Der Hengstpass ist weder besonders hoch noch besonders steil.
Aber der Ostanstieg ist wieder sehr sehenswert! Es geht in vielen
Kuven durch tief eingeschnittene Täler, entlang
schäumender Bäche.
An den Almhütten picken die Hühner zwischen den
Bänken.
Passhöhe auf 964m erreicht. Wie gesagt, ein
gemütlicher Pass. Trotzdem bekomme ich Hunger, aber die
Hütten unmittelbar am Pass haben alle Ruhetag.
Ich fahre auf Verdacht in ein Seitental hinein und stoße
nach 5 Kilometern auf diese Alm, mit dem besten Jausenbrettl, das
ich je gesehen habe!
Weil mir die Hüttenwirtin auf einen Berggipfel in den
Wolken zeigt und meint, wenn sie an meiner Stelle wäre,
würde sie jetzt flott ins Tal radeln, mache ich das. Nach 20
oder 30km hat mich dann ein Regengebiet eingeholt. Im Tal nicht
besonders aufregend.
Ich fahre dann noch über eine nicht besonders schöne
Strecke am Steyr-Radweg bis Molln -- der Radweg ist
eingezwängt zwischen Bahngleisen, Bundesstraße und
Autobahn, eher zum abgewöhnen. Ab Klaus an der Pyhrnbahn
(der Ort heißt wirklich so!) kann man allerdings in ein
schönes Seitental abbiegen, das über winzige
Straßchen über Ramsau nach Molln führt. Dort
finde ich einen schönen Gasthof, mit superleckeren
Kaspressknödeln, einem tollen Schnitzel und wirklich
herausragenden Marillenknödeln!
103km und 1300 Höhenmeter, Maximalhöhe 978m, 30 Grad, Morgens sonnig, Abends Gewitter
Mich macht ein wenig traurig, das ich jetzt aus dem Gebirge
wieder herauskomme. Aber es ist schon Donnerstag, ich muss
langsam wieder zurück. Zunächst folge ich eine Weile
dem Steyr-Radweg entlang des Flusses und durch kleine
Dörfchen. Hinter Grünburg biege ich nach Bad Hall ab,
d.h. fahre aus dem Steyr-Tal hinaus.
Hinter Bad Hall schlage ich mich über ein Stückchen
Krems-Radweg, durch Marchtrenk und viele kleine
Nebenstraßen bis Eferding durch, wo es erst einmal ein
Mittagessen gibt. Ich möchte ab Eferding an den
Donau-Radweg, um mir die Donau-Schleifen anzusehen.
Die Donau ist ganz schön voll, nach den vielen
Regenfällen der letzten Tage. Die Donau-Schleifen sind sehr
beeindruckend.
Allerdings ist der Radweg an zwei Stellen durch Erdrutsche
blockiert. An der ersten Stelle bei Kaiserhof nehme ich die
Fähre auf die andere Seite. An der zweiten Stelle habe ich
dann keine Lust mehr auf Fähre, und fahre eine nette
16%-Rampe über 200 Höhenmeter nach Niederkappel hinauf.
Dieser belohnt immerhin durch eine schöne Aussicht.
In Obernzell suche ich mir ein schönes Hotel am Hang.
Hinter mir sah es zwar wieder nach Gewitter aus, aber gegen
Sonnenuntergang reißt die Wolkendecke über dem
Donautal nochmal auf.
Die Aussicht, ein gegrillter Ziegenkäse auf dem Teller
und ein schöner Zweigelt im Glas lassen verschmerzen, dass
ich aus dem Gebirge raus bin ;-)
140km und 1100 Höhenmeter, Maximalhöhe 600m, 18-21 Grad, Morgens sonnig, Abends dem Gewitter davongefahren
Um ohne viele Umstiege zurück nach Hause zu kommen,
möchte ich in Regensburg in die Bahn steigen. Regensburg
bietet sich an, weil ich dann nur einmal in Hof umsteigen muss
und eher leere Züge habe, während die Zugverbindungen
mit Umstieg in Nürnberg am Wochenende meistens
überfüllt sind und zwei Stunden länger dauern. Um
Kilometer zu schruppen, will ich bis Vilshofen an der Donau
bleiben, auch wenn's vermutlich langweilig wird. Zunächst
mal bietet Passau einen schönen Anblick. Kaum zu glauben,
dass hier zwei Tage später alles bis ans Erdgeschoss
überflutet ist.
Von Obernzell bis ein Stückchen hinter Passau ist der
Donau-Radweg wieder zwischen stark befahrenen
Schnellstraßen eingekeilt und macht keinen Spaß. Das
ändert sich erst ab Schalding links der Donau. Von dort bis
Vilshofen hat man einen ruhigen Schotterweg zwischen Fluss, Deich
und Feldern, der sich flott fahren lässt. Der kleine
Flughafen in Vilshofen hat an diesem Samstag auch viel Betrieb.
In Vilshofen gibts erst mal ein halbes Reh, das sich unter
einem Berg Pfifferlinge versteckt, dazu Mosers Liesl.
Danach verlasse ich die Donau und suche mir wieder
Kleinstraßen und Feldwege Richtung Regensburg. Diese sind
vor der Kulisse des Bayerischen Waldes im Hintergrund sehr
reizvoll zu fahren. Allerdings braut sich über dem
Bayerischen Wald auch schon wieder ein Unwetter zusammen.
Das erwischt mich dann kurz hinter Straubing, wo ich beim
"Nachtanken" eines Eisbechers wohl ein paar Minuten zu lange
gebummelt habe. Ich rette mich in eine Bushaltestelle und nutze
die Zeit, um schon mal nach einer Unterkunft zu suchen. Nach 20
Minuten ist das Unwetter durch. Ein paar Kilometer weiter ist
dann sogar die Straße trocken -- ich hätte den
Eisbecher tatsächlich schneller essen sollen ;-)
In Regensburg komme ich in einem Gasthaus aus dem 14.
Jahrhundert unter, das einen eigenen Brauereiausschank hat. Ein
passender Abschluss für diese Reise! An sonsten gefällt
mir Regensburg mit seinen engen Gassen und seinem lebhaften
Nachtleben sehr gut. Am nächsten Tag steige ich nach einem
kurzen Stadtbummel in den Zug und komme ohne Zwischenfälle
nach Hause.
151km und 400 Höhenmeter, Maximalhöhe 392m, 24 Grad, sonnig, kurzer Unwetterschauer zwischendurch.
Insgesamt bin ich in 11 Tagen incl. Weg zum Bahnhof 1250km gefahren, bei gut 15.000 Höhenmetern und einem Durchschnittstempo laut Garmin von 17km/h. Das entspricht meinem üblichen Schnitt in den Alpen, das Alter macht sich also noch nicht bemerkbar ;-)
Ich hatte nur zwei Tage -- der Präbichl-Pass und der Packer Sattel -- nach denen ich tatsächlich ernsthaft müde war, weil ich sehr viele Höhenmeter auf rauhem Untergrund mit >15% Steigung hatte. An den anderen Tagen hätte ich auch weiter fahren können. Aber die Hotelübernachtungen geben da den Rahmen vor. Zum einen möchte ich nicht riskieren, erst nach Küchenschluss (oft 20 Uhr) einzutreffen. Zum anderen will ich auch am späten Nachmittag nicht mehr in Passstraßen einfahren, bei denen man vielleicht unterwegs keine Unterkunft findet.
Ganz besonders gefallen haben mir der Sölkpass, die Nockberge, Dachstein, Wörthersee, Gesäuse und Kalkalpen sowie das viele gute Essen. Besonders negativ in Erinnerung geblieben ist mir das linksseitige Stück Donau-Radweg von Obernzell bis hinter Passau, sowie der Steyrtal-Abschnitt mit der Autobahn -- laut und stinkende Abgase. Ich kann mir sehr gut vorstellen, die Runde über Paralleltäler und Nachbarorte nochmal zu fahren: Wolfgangsee statt Attersee, Postalmstraße statt Gschütt-Pass, Villach statt Klagenfurth, Deutschlandsberg statt Wolfsberg, und so weiter :-)
Gruselig fand ich, dass ich fast jeden Tag vor irgendeiner Unwetterwolke davongefahren bin. Kurz erwischt hat es mich nur an zwei Tagen, aber das war unerheblich. Echte Regentage hatte ich keine. Dafür konnte ich häufiger in den Nachrichten hören, dass es in der Region, in der ich kurz vorher gewesen bin, zu Überschwemmungen infolge von Starkregen kam. Merkwürdiger Sommer.