Nachdem die letzte Radreise schon drei Jahre her ist, hatte ich mal wieder ein paar Tage Zeit dafür zur Verfügung! Natürlich wollte ich dahin, wo es richtige Berge gibt. Von Leipzig aus und mit dem ausgedünnten Nachtzugprogramm der Bahn ist das aber gar nicht mehr so einfach. Nach Italien zu kommen ist derzeit eher umständlich. Dazu kam eine praktisch stationäre Gewitterfront im Alpenraum. Am Ende habe ich mich dann für das Riesengebirge entschieden: Mit 1x Umsteigen komme ich in drei Stunden ins Zittauer Gebirge, und von da ab kann man immer dem Gebirgszug Richtung Südosten folgen.
Wie üblich gebe ich mir mit der Planung keine Mühe, weil ich die unterwegs ohnehin je nach Lust und Laune umstoße. Ich hole mir also einen Reiseführer und eine Landkarte für Tschechien und male mir für's GPS eine grobe Route von 800km, die in Zittau beginnt und endet, falls mir unterwegs nichts besseres einfällt. Auf jeden Fall möchte ich auf die Schneekoppe und an die Elbequelle. Wie man an den Fotos ganz gut nachvollziehen kann, hat mich auch das Essen sehr interessiert. Ich wusste bereits vor Reiseantritt, dass die Tschechen sehr gut kochen können. Allerdings bestreite ich strikt, dass dies die Auswahl des Reiseziels beeinflusst hat ;-)
Meine Reiseroute ist hier dargestellt. Die roten Punkte zeigen
meine Übernachtungsorte an. An den Punkten kann man
schön erkennen, wo es eher gebirgig war oder eher flach
;-)
Am Samstag fahre ich nach Zittau. Ich muss in Dresden-Neustadt
einmal umsteigen, habe aber dort eine halbe Stunde aufenthalt,
rechne also nicht mit Problemen. Die kommen aus einer ganz
anderen Richtung: Ich bemerke im Zug, dass ich auf dem Weg zum
Bahnhof den Schlüssel für das Bügelschloss
verloren habe, das an meinem Sattel baumelt.
Glücklicherweise habe ich mein Rad nicht abgeschlossen.
Noch während des Umsteigehalts in Dresden-Neustadt gelingt
es mir, jemanden mit einem Bolzenschneider aufzutreiben und einen
Fahrradladen zu finden, der mir ein neues Schloss verkauft. Ich
bitte darum, daraus keine Rückschlüsse auf Dresden zu
ziehen ;-)
In Zittau esse ich erst einmal zünftig zu Mittag. Sowohl
das Zittauer Bier als auch das Essen im Domspachhaus kann ich
empfehlen.
Zittau glänzt an sonsten vor allem durch seinen
Marktplatz mit dem schönen Rathaus.
Da ich Zittau kenne, fahre ich zügig weiter. Mein Plan
ist, in Richtung Oybin zu fahren und mich unterwegs von der
Zittauer Dampfbahn einholen und mitnehmen zu lassen, damit ich
auch noch zu einer schönen Zugfahrt komme.
Allerdings ist die Dampfbahn arg langsam. Obwohl ich
ständig anhalte, beispielsweise um die hier typischen
Umgebindehäuser zu fotografieren, bin ich weit vor dem Zug
in Oybin.
Das Zittauer Gebirge ist toll! Erst recht für jemanden,
der in Leipzig seit über zwei Jahren fast nur Flachland zu
Gesicht bekommen hat. Darum stelle ich mein Fahrrad und mein
Gepäck direkt in einem Hotel unter und mache mich zu
Fuß auf den Weg. Große Felsengasse, Mönchskanzel
und Töpferbaude klingen vielversprechend.
Dies ist der Muschelsaal, so genannt wegen der
bänderförmigen Formationen im Fels.
Der Ausblick vom Scharfenstein ist meine erste "echte"
Aussicht von einem "echten" Berg seit langem! Dabei ist der nur
auf 570m. Das wird bestimmt noch besser ;-)
Felsformationen wie die brütende Henne spielen mit der
Phantasie des Wanderers. Jedenfalls wenn man Zeit hat, darauf zu
achten. Ich habe erst mal Hunger.
Den stillt die Töpferbaude sehr gut.
Feldschlösschen-Pils aus Dresden, Kaltschale und ein paar
weitere leckere Gerichte auf der Karte würden auch dem
Appetit machen, der keinen hat.
Vom Töpfer aus hat man eine schöne Aussicht nach
Zittau und zum Olberdorfer See, einem ehemaligen
Tagebau.
Langsam wird es spät. Mich lockt die Beschreibung
"Krieche, anstrengender Weg!" als Abstieg nach Oybin. Unterwegs
komme ich an den "Grazer Höhlen" vorbei, einem
Klettergebiet, das aus einem Felsenkessel mit steil emporragenden
Felsformationen besteht.
Bei einem ausgezeichneten Frühstück im Cafe Meier in
Oybin überlege ich, wie ich am schnellsten nach Tschechien
komme. "Schnell" fällt allerdings aus, weil ich auf meiner
Wanderung am Tag zuvor immer wieder den Hochwald-Aussichtsturm
vor Augen hatte. Da will ich als erstes hin.
Die Aussicht vom Hochwald-Turm aus 800m Höhe ist
phantastisch! Allerdings bin ich halb zehn der erste Gast. Mich
überholte auf dem Weg hierher noch die Angestellte des
Hochwald-Cafes auf dem Quad. Immerhin hat sie mir den Turm
aufgemacht, auch wenn ich für meinen nächsten Kaffee
wohl noch ein Stückchen fahren muss.
In der Hochwald-Baude auf 750m möchte ich auch mal
übernachten, die sieht toll aus! Vielleicht beim
nächsten Mal.
Vom Hochwald-Turm kann man am Horizont einen hohen Berg mit
einem ganz charakteristischen, kegelförmigen Fernsehturm auf
dem Gipfel erkennen. Mein nächste Ziel ist steht.
Es handelt sich um den Jeschken, den 1012m hohen Hausberg von
Liberec und die höchste Erhebung im höchste Erhebung im
Jeschkengebirge.
Da der Gipfel freistehend ist, hat man eine tolle Rundumsicht
auf ganz Nordböhmen, inklusive Liberec und
Riesengebirge.
Praktisch auf jedem Gipfel in Böhmen, der durch eine
Seilbahn erreichbar ist, gibts eine Mietstation für diese
Tretroller. Also für mich wäre das ja nichts, mich mit
einem Roller 600m Höhendifferenz auf einer Straße
herunterzustürzen, die bis 15% Gefälle hat.
So richtig schön ist in Liberec nur das
Neorenaissance-Rathaus am Marktplatz. An sonsten eher nervige
Großstadt.
Aber Kaffee und Kuchen kann man dort sehr gut ;-)
Als nächstes gehts zur Königshöhe auf 860m im
Isergebirge rauf. Das Areal gehört einer Gesellschaft, die
den 130 Jahre alten Originalzustand wiederherstellen möchte.
Wesentlich wichtiger: Es gibt dort gutes einheimisches
Bier!
Schöne Abfahrt ins Josefstal (Josefuv Dul).
Nach einem weiteren Aussichtsturm bei Desna werde ich langsam
müde und suche mir ein Hotel bei Korenov-Horni
Nach einem ganz passablen Frühstück fahre ich
zunächst durch Harrachov. Zwei oder drei Kilometer hinter
dem Norma in Harrachov beginnt die Fahrradroute 2, die mich auf
einer gutgeteerten Piste ohne Autoverkehr nach oben bringt. Mir
gefallen die gefrästen und lackierten Holztäfelchen,
mit denen die Routen hier markiert sind. Tschechien scheint
Radfahrern einiges an Wertschätzung
entgegenzubringen.
Die Route führt bis auf über 1000m. Die Bäume
werden langsam kleiner.
Von der Piste aus sehe ich die Vosecka Bouda. Magen sagt:
hin!
Das war eine sehr gute Idee ;-)
Von der Baude aus sinds vielleicht 2km Luftlinie bis zur
Elbequelle, meinem nächsten Ziel. Leider gibts keinen mit
dem Fahrrad befahrbaren Weg dorthin! Also fahre ich wieder
runter, fast bis auf die Höhe von Harrachov.
Zwar finde ich diesen Hinweis auf eine Bierquelle
äußerst attraktiv, aber mein Ziel liegt in der
entgegengesetzten Richtung.
Es dauert den restlichen Nachmittag, bis ich auf 1400m
bin.
Die Baude auf dem Grat hat leider geschlossen. Nicht so
schlimm, die Labska Bouda ist nur 4km entfernt.
Und hat offen!
Ich bin über den Blaubeer-Kuchen begeistert. Ebenso
über das hiesige Bier, auch wenn mich das Logo mit zwei sich
begattenden Hirschen leicht irritiert. Schmeck jedenfalls nicht
nach Hirsch.
Die Elbequelle ist mit Steinen eingefasst, aus denen ein
Bächlein plätschert. Ein bisschen willkürlich, da
in der Feuchtwiese hier oben zahlreiche Bäche entspringen,
die man alle gleichermaßen als Elbequelle hätte
auswählen können.
Auf dem nächsten Grat grüßt schon die
nächste Baude. Leider nur zu Fuß zu erreichen. Es ist
aber schon 17 Uhr, ich will noch ein bisschen fahren.
Die Landschaft ist unverkennbar Hochgebirge.
Überall stehen Bunker Typ LB 37 vom Tschechoslowakischen
Wall, gebaut 1933 bis 1938 nach dem Vorbild der
französischen Maginot-Linie, die ich noch aus meiner Zeit in
Karlsruhe kenne.
Letztenendes bleibe ich in einer Skifahrer-Pension bei Horni
Misecky (Obere Schlüsselbauden)
Heute will ich auf die Schneekoppe! Zuerst muss ich aber eine
ziemlich üble Abfahrt über loses Geröll bis nach
Spindlermühle herunter.
Spindlermühle ist voller Touristen. Da schaue ich mir
lieber die erste Elbe-Staustufe an.
Überhaupt finde ich hier oben den Elberadweg ganz
reizvoll! Die Kabinenseilbahn, mit der Radfahrer das steilste
Stück nach der Quelle überwinden sollen, habe ich
selbstverständlich ausgelassen ;-)
Um zur Schneekoppe zu kommen, folge ich dem Elberadweg bis auf
500m herunter nach Horejsi Vrchlabi. Ab dort geht es über
Kleinstraßen und Fahrradrouten über den
Bergrücken nach oben. Über Verpflegung muss ich mir
offensichtlich keine Sorgen machen.
So langsam komme ich wieder auf über 1000m. Aussicht
toll, leerer Magen nicht so toll.
Ich biege zur Orska Bouda ab.
Die Aussicht von der Baude ist toll!
Das Essen gefällt mir auch ganz gut. Die Baude ist eine
von den kleineren, man hat fast Familienanschluss.
Töchterchen spielt am Klavier, Papa bringt das Essen,
Stimmung super.
Blümchen fotografieren bietet eine willkommene Ausrede,
um mal kurz abzusteigen und zu verschnaufen.
Noch diesen Höhenzug, dann müsste ich fast oben an
der Schneekoppe sein!
Hmm, dieses Gefühl, wenn man nach mehreren Stunden des
Bergauffahrens denkt, man hätte die höchste Stelle
geschafft. Und dann sieht man den eigentlichen Berg und darf
vorher nochmal 100m runter ;-)
Mit dem Fahrrad ist an der Baude unten links im Bild Schluss, die
letzten vier Kilometer gehen nur zu Fuß.
Und zwar zuerst über einen Knüppeldamm durch ein
Moorgebiet.
Auf der Schneekoppe ist es ganz schön voll. Allerdings
sind das überwiegend Spaziergänger, die vielleicht vom
Gipfel bis zur nächsten Baude kommen, aber nicht weiter.
Die Aussicht aus 1600m ist phantastisch! Mitte links im Bild
die Baude, an der ich mein Fahrrad stehen ließ.
Bei den Wegen bin ich auch ganz froh, dass ich zu Fuß
unterwegs bin. Typisch ostdeutsches Kopfsteinpflaster ist auch
nicht schlechter ;-)
Wieder am Fahrrad angekommen muss ich gleich wieder in die
Baude, nachtanken. Ich meine selbstverständlich nicht das
Bier - die Lebkuchen aus Pardubice sind eine
Spezialität.
Es ist schon wieder 17 Uhr. Ich will aus 1600m Höhe
herunter.
Meine Übernachtung finde ich in Johannisbad (Janske
Lazne) einem sehr schönen alten Kurort am östlichen
Ausgang des Riesengebirges, 1km ab von der
Hauptstraße.
Zufälligerweise liegt Johannisbad am Fuße des 1300m
hohen Schwarzenberg (Cerna Hora). Zufälligerweise habe ich
diesen markanten Gipfel mit seinem Fernsehturm schon von der
Schneekoppe aus ins Auge gefaßt. Also erst mal rauf. Die
Seilbahn lasse ich selbstverständlich aus ;-)
Der Fernsehturm ist wieder so ein charakteristisches
70er-Jahre-Modell. Erinnert mich irgendwie an James-Bond
"Moonraker" ;-)
Daneben gibts auf dem Gipfel noch ein schönes
Moor.
Sowie gutes lokales Bier. Überhaupt wars hier oben
lustig. Um 11 Uhr auf dem Gipfel, um mich herum das Zischen von
den Bierdosen, die die tschechischen Wanderer aufmachen.
Der Aussichtsturm auf dem Gipfel ist der ziemlich enge Mast
einer ausgedienten Seilbahn.
Der Schwarzenberg steht am südöstlichen
Ausläufer des Riesengebirges. Entsprechend hat man eine sehr
schöne Aussicht in die Tiefebene.
Mein nächstes Tagesziel ist die Adersbach-Weckelsdorfer
Felsenstadt in 50km Entfernung. Also erst mal raus aus dem
Riesengebirge und ein bisschen Flachstrecke
überwinden.
Die Felsenstadt erinnert mich von außen stark an das
Elbsandsteingebirge. Außerdem ists heute extrem
überlaufen. Ich verzichte auf eine Erkundung zu Fuß
und düse schnellstmöglich weiter.
Unterwegs sehe ich etwas interessantes. Ich bin schon an
vielen Sühnekreuzen vorbeigekommen. Sühnekreuze mussten
vom Täter errichtet werden, wenn dieser jemanden ohne
böse Absicht getötet hat. Hier finde ich jedoch ein
Kreuz das keine lateinische Inschrift trägt - hebräisch
vielleicht?
Ich folge mittlerweile der Radroute 22, einfach weil's
schön ist.
Ich komme an riesigen Mohnfeldern vorbei. Vermutlich aber
keine Opium-Plantagen ;-)
Mein Tagesziel ist Neustadt an der Mettau (Nove Mesto nad
Metuji), eine Renaissancestadt auf einem Bergsporn.
Ich übernachte im ältesten Haus am Platze.
Diese Nachttischlampe musste ich einfach fotografieren! Wo
kann man sowas heute noch kaufen?
Das Essen war jedenfalls wieder überaus lecker!
Da mir nichts besseres einfällt, beschließe ich
heute, ins 30km östlich gelegene Adlergebirge (Orlicke hory)
auf die höchste Erhebung (Deschneyer Großkoppe, Velka
Destna auf 1100m) zu fahren. Unterwegs komme ich am
Hexenhäuschen von Hänsel und Gretel vorbei, glaube ich.
Lange Bergauf-Passagen lassen sich durch
Blümchenfotografieren immer schön unterbrechen! Schau
nur, dieser tolle Fingerhut!
Oben auf dem Gipfel musste ich allerdings feststellen, dass
(a) die Aussicht, falls es eine gab, längst zugewachsen war,
(b) es in Strömen regnete und (c) die einzige
Schutzhütte weit und breit von mehreren Großfamilien
mit Kleinkindern belegt. Nichts wie weg.
In einem Restaurant bei Destne bekomme ich mein schönstes
Essen in ganz Tschechien. Knoblauchsuppe (Foto), Schweinebraten
mit Knödeln und Klößen, zum Abschluss Palacinka
mit heißen Erdbeeren. Leider kann ich nicht den ganzen Tag
hier bleiben.
Ich möchte als nächstes wieder an die Elbe. Und zwar
interessiert mich besonders Königgrätz (Hradec
Kralove), eine Stadt mit einer tausendjährigen Geschichte.
Dafür habe ich nach dem Adlergebirge noch 50 flache
Kilometer vor mir. Schön ist der Weg trotzdem!
Außerdem hört nach dem Gebirge der Regen auf wie
abgeschnitten.
Begafft von einer Kuhherde. Wie finde ich denn das?
Die Altstadt von Königgrätz liegt auf einem
langgestreckten Hügel, der sich am Zusammenfluss von Elbe
und Orlice erhebt. Es gibt viele schöne
Bürgerhäuser zu sehen, Kathedralen, Plätze, alles
im hier üblichen Baustil gehalten. Schön.
Ebenfalls typisch für diese Gegend sind die Arrangements
von Säulenheiligen auf dem Marktplatz. Beinahe jede Stadt
hat eine Heiligenfigur auf einer hohen Steinsäule, wenn auch
meist nicht so aufwendig wie in Königgrätz.
Die Elbe ist hier schon ganz schön breit.
In mehreren tschechischen Städten bin ich
Oberleitungsbussen begegnet. Früher waren die auch in
Deutschland durchaus üblich, bis man sie gegen die
"moderneren" Diesel-Busse ersetzt hat. Im Zuge der Energiewende
wird man sich in Tschechien jetzt vermutlich sehr darüber
freuen, diese Infrastruktur nicht weggerissen zu haben.
Ich übernachte heute im Adalbertinum, einem riesigen
ehemaligen Jesuitenkolleg, das recht geschmackvoll und
zurückhaltend zu einem stilvollen Hotel umgebaut
wurde.
Heute Abend möchte ich in der Nähe vom
Böhmischen Paradies sein. Dafür folge ich zunächst
dem Elberadweg ein Stückchen.
Dabei komme ich am Schloss von Pardubice vorbei, einer
riesengroßen ehemaligen Wasserburg, die im 16. Jh zu einem
Renaissance-Schloss mit Sgraffito-Fassade umgebaut
wurde.
Mit ein paar leuchtendbunten Pfauen davor sieht allerdings
jedes Schloss edel aus ;-)
Ich beschließe, der Elbe so lange weiter zu folgen bis
mir das zu langweilig wird.
Das ist dann 30km weiter der Fall ;-) Ich habe einen
interessanteren Weg entdeckt, der nun auch direkt in Richtung
Böhmisches Paradies führt.
Unterwegs komme ich an mehreren Schlössern vorbei, unter
anderem dem Schloss Karlova Koruna.
Habe ich schon erwähnt, dass auch die
abgebröckeltste Fassade mit ein paar Pfauen davor elegant
aussieht?
So langsam sehe ich wieder ein paar Höhenzüge am
Horizont. Endlich!
Was ebenfalls für die Gegend typisch ist, sind diese
alten "Ortsrufanlagen", in praktisch jedem Dorf an der
Hauptstraße an Stromleitungen oder Straßenlaternen zu
finden (vermutlich wegen der Stromversorgung) und mit einem
Funkempfänger ausgestattet. Manche von den Dingern sehen
auch noch aus wie aus dem Dritten Reich. Ich kann nicht sagen,
wozu die gebraucht werden. Flieger-Alarm?
Diese Holzkirche habe ich allerdings nur einmal gesehen.
Erinnert ein bisschen an die norwegischen Stabkirchen.
Dies ist *nicht* die gleiche Stelle wie drei Bilder
zurück ;-)
Aber die Landschaft ähnelt sich doch stark, auch wenn sie
schön ist. Zeit, dass die Berge näher kommen.
Da ich im Böhmischen Paradies nicht übernachten
möchte, beschließe ich, heute in Jicin Station zu
machen. Das ist eine hübsche böhmische Kleinstadt am
Fuße der Felsenlandschaften. Entsprechned war mein Hotel
dann auch voller Wanderer.
Das riesengroße Schloss nimmt eine ganze Seite des
großzügigen Marktplatzes ein.
Am Eingang zur Fußgängerzone begrüßt
mich dieses Tierchen.
Heute Abend bin ich mal mutig und bestelle im Restaurant die
Spezialität des Hauses. In Ermangelung ausreichender
Sprachkenntnisse weiß ich nicht so richtig, worauf ich mich
einlasse. Mich erwartet Kasslerbraten, Kartoffelklöße
mit Röstzwiebeln und eine sehr, sehr süße
Pflaumensauce. Mein Fall ist es nicht, wäre ich mal beim
Gulasch geblieben ;-)
Eines der ersten Bilder, die man angezeigt bekommt wenn man
nach dem Böhmischen Paradies googelt, ist diese Doppelburg
auf zwei gegenüberliegenden Felsnadeln.
Hurra, Berge! Die Landschaft erinnert wieder an das
Elbsandsteingebirge. Ich finde einen wunderschönen, nicht
ausgeschilderten, gut geteerten Weg mitten durch die
Felsen.
Auf einer Burg ist gerade Mittelalterfest, komplett mit
schwertschwingenden Rittern und Kanonen. Ich möchte aber
heute noch Zittau erreichen und beschränke mich auf ein
Bier.
So riesig ist das böhmische Paradies nicht. Rasch habe
ich das kleine Mittelgebirge durchquert. Ich stoße in
Turnov auf den Jizera-Radweg - Richtung passt, gut ausgebaut ist
er auch, also nehme ich ihn.
Um nach Zittau zu kommen, muss ich über das Iser-Gebirge,
das heißt, vom Jizera-Tal (deutsch: Iser-Tal) über
einen 600m hohen Bergrücken ins Neiße-Tal. Vorher
möchte ich aber noch etwas essen.
Nun gehts nur noch aufwärts! Das Iser-Gebirge
gefällt mir.
Allerdings habe ich von der schönen Auffahrt fast keine
Fotos. Direkt am Fuß des Anstiegs wagt es ein Tscheche,
mich zu überholen! Wir liefern uns dann ein kleines Rennen
bergauf, das erst wieder unten im Neißetal auf dem
Marktplatz von Jablonec endet. Kurz vor dem Gebirgskamm habe ich
ihn überholt, trotz Zeltgepäck und zwei Bier zu Mittag
;-)
Jablonec ist keine besonders schöne Stadt. Das in den
30er Jahren gebaute, sehr schön restaurierte Neue Rathaus im
damals üblichen funktionalistischen Stil gefällt mir
aber.
Wie alt mag dieses Gebäude sein?
Der Neiße-Radweg ist bei Jablonec nur an ganz wenigen
Stücken so gut ausgebaut wie hier.
So, Grenzübergang, gleich bin ich wieder in Zittau und
steige in den Zug nach Hause.
Insgesamt bin ich in acht Tagen 700km in 50h gefahren (Werte vom Tacho, da ist noch der Weg von/zum Bahnhof dabei), bei fast 15.000 Höhenmetern. Wenn ich meine Fahrleistungen mit den letzten Jahren vergleiche, haben meine zwei Jahre im Flachland meine Kondition nicht beeinträchtigt. Ich hätte auch jeden Tag noch länger fahren können -- allerdings geben die Hotelübernachtungen einen gewissen zeitlichen Rahmen vor. Das heißt, man muss halt da anhalten, wo man ein Hotel findet, und man sollte gerade in kleineren Orten auch nicht unbedingt später als 18 Uhr aufschlagen, weil sonst der Koch schon nach Hause gegangen ist und man kein ordentliches Abendessen mehr bekommt. Mein Zeltgepäck habe ich jedenfalls völlig umsonst mitgeschleift. Das heißt, ich habe von meinen drei Packtaschen zwei praktisch nicht aufgemacht. Alles für den Trainingseffekt ;-)
Mit Englisch, Deutsch und Gesten (auf die Eismaschine zeigen und mit weit ausgebreiteten Armen die Größe andeuten) kommt man mühelos zurecht. Gerade die Jüngeren sprechen sehr oft gutes Englisch.
Besonders reizvoll fand ich die weniger überlaufenen Teile des Riesengebirges mit ihren vielen Bauden, die tatsächlich nur von Wanderern und Radfahrern frequentiert werden und häufig einen familiären Charme haben. Ziele wie die Schneekoppe, die mit der Seilbahn vom Parkplatz aus zu erreichen sind, sind oft sehr voll, und die Bauden dort haben sich mit Buffet-Verköstigung und Kantinenausstattung auf Massenabfertigung eingestellt.
Die Adersbacher Felsenlandschaft und das Böhmische Paradies würde ich mir sehr gern mal zu Fuß anschauen, insbesondere wenn vielleicht nicht gerade Hochsaison herrscht. Mit dem Adlergebirge hatte ich wohl nur das Pech, dass der höchste Gipfel nicht derjenige war, auf dem ein Aussichtsturm zu finden war. Die Elbe unterhalb von 500m Höhe ist mir generell zu flach ;-)