Reisebericht Deutschland/Frankreich/Schweiz 2013

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Ich hatte kurzfristig die Möglichkeit, eine Woche Urlaub zu nehmen. Selbstverständlich wollte ich irgendwo hin, wo es Berge gibt. Die erste Idee war, in 8 Tagen über die Route des Cretes in die Schweiz zu fahren. Selbstverständlich kam alles anders ;-)
Die folgende Karte zeigt meine letztendliche Route, mit schwarzen Punkten an den Stellen, wo ich im Zelt übernachtet habe.

Tag 1: Nordvogesen

An einem schönen Donnerstag mit vielversprechendem Wetterbericht fahre ich ab. Endlich kommt mein Reise-MTB wieder zum Einsatz, das ich kaum mehr fahre, seit ich ein neues, schlankeres mit Alfine-Achtgangnabe habe.

Zuerst fahre ich ab Karlsruhe mit der Fähre bei Neuburgweiher auf die linke Rheinseite, dann durch den Bienwald, bis ich zu einem kleinen Grenzübergang nach Frankreich komme.

Über Wissembourg und Lembach geht es in die Nordvogesen. Ich beginne mich langsam zu wundern, warum die Supermärkte alle zu sind. Am Straßenrand stehen in jedem Dorf hübsche Pflanzen-Arrangements.

Bei Jaegertal besichtige ich eine uralte Schmiede, von der nur noch die Mauern und der Stausee stehen -- alle Holzbalken sind wohl schon vor 100 Jahren weggefault.

Langsam bekomme ich richtig Hunger. Immernoch keine offenen Läden zu sehen, und auch kaum offene Restaurants. Ich fahre auf der Suche nach etwas Eßbarem wieder aus den Vogesen heraus in die größeren Städte und finde irgendwo einen türkischen Laden, wo ich mir Kekse und Getränke hole. Nachdem mir ein Einheimischer erklärt, dass man in Frankreich "Maria Himmelfahrt" feiert, wird mir klar, warum alles zu ist. Nunja, die nördlichen Vogesen sind mir ohnehin viel zu flach, also fahre ich über Haguenau und die Drusenheimer Fähre wieder nach Deutschland, und setze mich in Bühl in die S-Bahn nach Hause: Nase fürs erste voll von Frankreich ;-)

170km in 8h, 1000 Höhenmeter, Maximalhöhe 500m

Tag 2: Appenzeller Land

Ich will endlich in richtige Berge. Also denke ich mir kurzentschlossen eine neue Route aus, die mal ausnahmsweise nicht durch Graubünden führt, und setze mich in ein randvolles Fahrradabteil der Schwarzwaldbahn nach Konstanz.

Nach dem Grenzübertritt in die Schweiz stürme ich zuerst eine Bank und hole mir Fränkli, und anschließend eine Konditorei: Genau so habe ich mir das vorgestellt, Schweiz empfängt mich deutlich freundlicher als Frankreich ;-)
Nach einem letzten Blick auf den Bodensee komme ich zufällig auf die Velo-Route 41, und nehme sie, raus aus Konstanz und dem Flachland.

Die Route führt durch ein schönes Naturschutzgebiet mit einem flachen Teich voller Seerosen und piepender Wasservögel.

Ich fahre weiter in Richtung Bischofszell. Endlich sehe ich auch meine ersten "richtigen" Berge, Yippie! ;-)

An einem Brunnen mache ich eine kurze Rast und vertilge meine ersten schweizer Lebensmittel. Ein Wachkater paßt solange auf mein Rad auf.

Highlight von Bischofszell ist die größte noch erhaltene spätmittelalterliche Brücke der Schweiz.

In Herisau decke ich mich in einem Coop fürs Abendessen ein. Hinter Herisau nehme ich den Wanderpfad, der langsam schmaler und steiler wird.

Ich finde einen tollen Übernachtungsplatz an einer versteckten Grillstelle im Wald. Der Platz hat alles: Bänke, ein flaches Becken unterhalb eines Wasserfalls zum Baden, und eine ebene Stelle fürs Zelt. Dass das Wasser aus den Bergen eisekalt ist stört nicht.

Von Kuhglocken und Wasserrauschen begleitet schlafe ich sehr gut.

60km in 3:30h, 1000 Höhenmeter, Maximalhöhe 1000m

Tag 2: Toggenburg und Alpen

Werde von lautem Gebimmel wach: Heute ist Alm-Abtrieb! Die Straße ist für den Autoverkehr gesperrt. Jodelnde, geschmückte Hirten begleiten ebenfalls geschmückte Kühe und Kälber von den höchstgelegenen Almen ins Tal. Ich komme bestimmt bestimmt an 5 Abtrieben vorbei, und das Tal hallt wieder vom Geläut der Kühe und dem Gesang der Hirten -- herrlich!

Zunächst gehts auf die Schwägalp hinauf, Umschau halten. Nach Osten will ich nicht, weil ich dann in gutbekannten Graubünden lande, also Richtung Toggenburg.

Auf der Fahrt abwärts durch das Toggenburg ist nahezu jedes Haus unglaublich mit Blumen geschmückt.

Selbst die an der Straße liegenden, offenen Ställe sind geschmückt.

Viele Häuser und Gehöfte sind gut 100 Jahre alt, wie die Inschriften an den Gebäuden zeigen.

Ich fahre über den Rickenpaß ins Züricher Land. Auf halber Höhe über dem Zürcher See liegt ein Kloster mit einem schönen Klostergarten und toller Aussicht.

Mein Ziel für heute ist der Klausenpaß, also biege ich ins Tal südlich des Klosters ein.

Bei Glarus bemerke ich, dass meine Hinterradfelge auseinandergeht: Felgenschaden! Glücklicherweise finde ich ein paar Kilometer weiter in Glarus ein geöffnetes Fahrradgeschäft, das mir in nur 20 Minuten ein neues Hinterrad einbaut. Von meinem alten Rad nehme ich nur die Nabe mit. Das hat mal richtig gut geklappt :-)

Auf den Schreck mache ich in Glarus erst mal eine kurze Pause, an einer Statue, die mich an die dreibrüstige Hure aus dem Film "Total Recall" erinnert ;-)

Ich decke mich zunächst fürs Abendessen ein. Einem Hündchen fällt es sichtlich schwer, vor der Tür auf Herrchen zu warten.

Weiter geht es in Richtung Klausen-Paß. Ich komme an einer Brauerei vorbei und ärgere mich im vorbeirauschen, nicht angehalten zu haben.

Allerdings ärgere ich mich nicht allzu lange ;-)

Die Talwände des Glarner Lands rücken enger zusammen.

Gegen 17 Uhr erreiche ich die Auffahrt zum Paß. Ein französisches Radreisepärchen erzählt mir, dass sie 4 Stunden den Paß hinauf gebraucht haben. Ich versuch's trotzdem heute noch, denn so spät sind kaum noch Motorradfahrer unterwegs.

Der Paß besteht aus zwei Etappen: Zuerst fährt man ca. 600 Höhenmeter bis Urnerboden hinauf. Schon der Blick von Urnerboden zurück ist beeindruckend.

Urnerboden ist ein langgestrecktes Tal, an dessen Ende der Klausen-Paß mit noch einmal 600 Höhenmetern liegt.

Beim Aufstieg zum Klausen-Paß sehe ich meinen ersten Schnee in diesem August ;-)

Um 19:30, also nach ungefähr 2:30 Stunden Fahrt, erreiche ich die Paßhöhe.

Auf der anderen Seite klebt die Straße an den steil abfallenden Felshängen.

Der Abstieg zum Tal ist weit, und es ist auch schon recht spät. Ich fange an, nach einem Nachtlager zu suchen.

Hinter Altdorf finde ich endlich eines, an einem unter Steinen verborgenen Bergbach. Wenn man die Steine ein paar Meter hinaufklettert, findet man sogar fließendes Wasser zum Waschen und Kleidung ausspülen.

150km in 8h, 2250 Höhenmeter, Maximalhöhe 1945m

Tag 3: Alpen

Nachdem ich ein paar Nacktschnecken vom Zelt gepult habe, gehts im Morgengrauen weiter, den Radweg an der Gotthard-Nordrampe hinauf. Der Motorradlärm ist in den engen Talwänden ganz schön laut.

Bei Wassen biegt die Straße zum Susten-Paß ab. Die Straße führt zunächst über interessante Brücken- und Tunnelkonstruktionen.

Der Weg zum Susten-Paß zieht sich in die Länge. Auf halber Höhe ein Kirchlein mit Aussicht auf ausgedehnte Schneefelder.

Es ist Wochenende: die Motorradfahrer nerven. Rückblickend hätte ich besser die alte Paßstraße genommen, die ohne Verkehr im Talboden verläuft, anstelle der als Radroute ausgeschilderten neuen Straße zu folgen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Langsam wird es kälter, die Schneefelder beginnen schon unterhalb meiner Höhe.

Der Blick zurück ist atemberaubend!

Paßhöhe! Ich genehmige mir ein Gipfelbier im Paßrestaurant ;-)

Oben am Paß liegt Schnee.

Hinter dem Paß hat man einen tollen Blick auf den Gletscher.

Die Abfahrt nach Meiringen führt durch viele Tunnel, mit relativ wenigen Serpentinen, immer an der Talwand entlang. Ich bewundere die Straßenbauer, die diesen Weg angelegt haben.

Mein erster Weg in Meiringen, unten im Tal, führt mich zum Badesee -- herrlich nach der anstrengenden Auffahrt!

Dummerweise schlägt das Wetter plötzlich um. Ich verziehe mich in ein Restaurant und esse für insgesamt 65 SFR zu Abend -- ganz schön teuer, aber ich hatte auch zwei komplette Mahlzeiten ;-)

Da der Badesee gut einsehbar und mit "Zelten verboten" ausgeschildert ist, übernachte ich bei strömendem Regen zusammen mit einigen Nacktschnecken in einem nahegelegenen Wäldchen.

85km in 5:30h, 1900 Höhenmeter, Maximalhöhe 2234m

Tag 4: Alpen

Leider immernoch Regen. Ich warte bis 11 Uhr im Zelt, dann wird das Wetter ein wenig besser. Ich klaube die Nacktschnecken vom Zelt und packe selbiges triefendnaß und schwer ein. Mein Ziel für heute ist der Paß Große Scheidegg.

Die Attraktion von Meiringen ist der Reichenbach-Wasserfall, in dem Arthur C. Doyle seinen Sherlock Holmes beim letzten Kampf gegen Professor Moriarty sterben läßt.

Die Paßstraße führt direkt am Wasserfall vorbei, und steigt kräftig an. Endlich eine Herausforderung ;-)

Das Wetter macht's spannend: immer wieder Nieselregen und Wolken auf Augenhöhe.

Von einer Brücke aus kann man den Wasserfall direkt von oben betrachten. Das Geräusch des tosenden Wassers ist beeindruckend.

Zunächst ziehen noch ein paar Wolken vorbei.

Als es dann aufklart, trockne erst einmal meine nassen Sachen, die ich bei Regen im Tal triefendnaß einpacken musste.

Weiter in Richtung Paßhöhe komme ich an der kleinsten Ortschaft der Schweiz vorbei. Sie besteht nur aus einem großen, alten Hotel und ein paar kleinen Häuschen.

Eine restaurierte alte Eingatter-Säge zeigt, wie hier früher Holz verarbeitet wurde.

Das Wetter wird wieder schlechter.

Auf Paßhöhe der Großen Scheidegg sieht man nichts mehr.

Es ist naßkalt und stürmisch. Auf meinem Trikot bilden sich sogar Eiskristalle ;-)

Nach einer heißen Suppe und einem Bier im Paß-Restaurant klart das Wetter wieder ein wenig auf.

Ich fahre einigermaßen im Trockenen bis Grindelwald, und dann durch heftigen Regen bis Interlaken.

Interlaken könnte man eher Inderlaken nennen ;-)
Bei meinem letzten Besuch in der Schweiz waren es Horden von chinesischen Touristen; dieses Jahr ist sie offenbar bei Indern sehr beliebt. Hinter Interlaken stelle ich mein Zelt auf 1000m Höhe an einem einsamen Waldweg auf. Heute leider keine Waschgelegenheit; dafür müssen die mitgebrachten Feuchttücher herhalten.

62km in 4:30h, 1780 Höhenmeter, Maximalhöhe 1986m

Tag 5: Berner Oberland

Der Tag startet kalt, aber sonnig. Ich stelle fest, dass das neu gekaufte Hinterrad nicht gut eingespeicht ist, und ziehe erst mal sämtliche locker herumklimpernden Speichen wieder fest. Endlich ist das schwammige Fahrgefühl weg!

Ich fahre zuerst ein Stückchen am Thuner See entlang.

Die Straße ist in halber Höhe in die Felswände geschlagen.

Bald wird mir diese flache Route zu uninteressant, und ich fahre Richtung Norden, über einen hübsch steilen MTB-Pfad.

Hinter den Bergen, die den Thuner See umschließen, beginnen zahlreiche bizarre Almen auf ca. 1000m Höhe. Ich folge der Velo-Route 99.

Es ist zwar nicht so hoch wie in den Alpen, aber dafür viel steiler. Die 99 führt auf kaum befahrenen Nebenstraßen die Bergkämme hinauf und hinunter.

Ein entgegenkommender Trupp Rentner auf Elektro-Rädern erzählt mir von einem Wildbach, als ich nach einer Badegelegenheit frage. Endlich wieder sauber! Die Wassertemperatur ist mir egal, nach einem Tag Regen klebe ich ;-)

Die Landschaft ist nicht so karg wie im Hochgebirge, wirkt aber trotzdem geradezu unwirklich.

Von den zahlreichen Bergkuppen, über die die 99 führt, hat man immer wieder tolle Ausblicke.

Eine Kirche am Wegesrand sieht so ungewöhnlich aus, dass ich einen Abstecher mache.

Die bemalte Holzausstattung erinnert fast an Norwegen oder Schweden.

Der Künstler, der hier am Wegesrand seine Holzarbeiten aufgestellt hat, hat einen gruseligen Geschmack ;-)

Langsam wird es Zeit, ein Nachtlager aufzuschlagen. Bisher habe ich das perfekte Lager noch nicht gefunden...

Das ist es! Eine Feuerstelle auf einer Bergkuppe in 1000m Höhe, mit einer fantastischen Aussicht über den Alpenhauptkamm! Bin vollkommen begeistert :-)

80km in 5:45h, 2200 Höhenmeter, Maximalhöhe 1270m

Tag 6: Schweizer Mittelland

Ich wache auf, mit einer grandiosen Aussicht aus meinem Zelt.

Schreckhorn, Finsteraarhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau zum Greifen nah im Sonnenaufgang!

Nachdem ich mich sattgesehen habe, geht es auf der 99 weiter. Ziel heute: das Emmental.

Manchmal sind die Fahrrad-Wegweiser schwer zu finden, unter all den Blumen ;-)

Praktisch alle der uralten Bauernhäuser sind wunderschön renoviert und noch in Benutzung.

Bei Burgdorf erreiche ich das Emmental. Ich bade kurz hinter Burgdorf in der Emme, kann aber keinen Käsegeruch feststellen ;-)

Bei einem Dörchen mit einem schönen Namen verlasse ich die Emme schon wieder.

Die Aussicht von den Talhängen ist sehenswert!

Bei Affoltern im Emmental komme ich an einer Schaukäserei vorbei. Der Unterschied von der Käseherstellung um 1750...

...bis heute ist sehenswert! Ich kaufe einen 2 Jahre alten Emmentaler fürs Abendessen -- mehr bekomme ich leider nicht in meine Packtaschen ;-)

Aufgrund der steilen Lage ernten die Bauern das Heu mit kleinen Traktörchen, die in einem absurden Winkel an den Abhängen kleben.

Langsam kommt mein letztes Hindernis vor dem Rhein in Sicht: der Jura-Ausläufer, der vor Basel liegt.

Ich finde aber so einen tollen Übernachtungsplatz an der Aare, dass ich da heute nicht mehr herüberwill.

85km in 5h, 1250 Höhenmeter, Maximalhöhe 1028m

Tag 7: Jura und Breisgau

Der Blick auf meinem Zelt auf die Aare im Sonnenaufgang ist toll!

Der Fluß ist viel wärmer als die kühle Morgenluft, daher treiben Nebelfetzen über den Fluß.

Bei Aarwangen stelle ich fest, dass mir die Fahrradroute über den Jura-Ausläufer zu viel Autoverkehr hat. Ich suche mir also einen anderen (höheren) Überweg ;-)

Dabei komme ich an merkwürdigen Scheunen vorbei.

Der Weg hinauf ist kaum von den gut bekannten Straßen der Pfalz zu unterscheiden. Ich rausche daher ohne groß anzuhalten durchs Jura durch.

Das Liestal führt immer schön bergab Richtung Basel.

Die gleichnamige Ortschaft Liestal hat viele schön bemalte alte Gebäude im Stadtkern.

Ich bin schon gegen 12 Uhr am Rhein in Basel, habe noch keine 50km auf dem Tacho und fühle mich leicht unterfordert ;-)

Also beschließe ich, nochmal so richtig Gas zu geben, durchs Breisgau bis nach Freiburg zu fahren und dort die Bahn nach Hause zu nehmen. Blick zurück in Richtung Basel:

Das Breisgau ist nicht so flach wie ich mir das vorgestellt hatte, und macht darum Spaß. Das müßte schon der Schauinsland in der Nähe von Freiburg sein.

130km in 6:30h, 1200 Höhenmeter, Maximalhöhe 800m

Abschluß

Insgesamt bin ich in sieben Tagen 815km in 46:45h gefahren (Werte vom Tacho, da ist noch der Weg von/zum Bahnhof dabei), bei 12.850 Höhenmetern. So viel hätte für die Fahrtstrecke von Bühl bis Freiburg auch nicht mehr gefehlt. Aber dafür hat abgesehen vom ersten Tag alles so richtig Spaß gemacht. Vor allem drei der Übernachtungen waren spektakulär! Allerdings braucht mein Fahrrad nach dieser Tour wohl erst mal etwas Zuwendung ;-)

Insgesamt habe ich ca 40 SFR (ca. 33 EUR) pro Tag verfuttert. Übernachtungskosten hatte ich natürlich keine, aber dafür kommen noch 175 SFR fürs Hinterrad dazu.